Zur Zeit berichten zahlreiche Filmportale, dass der Arbeitstitel von Bond 25 SHATTERHAND sein soll. Noch ist das bisher alles andere als offiziell, und dieser Titel geistert gerüchteweise schon seit geraumer Zeit durch die Medien (siehe dazu hier und hier). Trotzdem ist es ein Titel, der mehr oder weniger auf Ian Fleming zurückgeht und daher grundsätzlich eine Option für Bond 25 oder einen zukünftigen Bondfilm sein könnte.
Was spricht dafür, was dagegen?
Zum einen hat der Begriff wie bereits erwähnt eindeutige Bezüge zum Fleming'schen Ur-Material. Zumindest aus zweiter Hand, denn natürlich geht der Begriff auf Karl May und dessen Helden Old Shatterhand zurück. Fleming benutzt ihn in seinem Roman You Only Live Twice (Man lebt nur zweimal) als Decknamen von Bonds Nemesis Ernst Stavro Blofeld. Nach seiner Flucht ins ferne Japan nennt sich Blofeld dort Dr. Guntram Shatterhand.
In Flemings Nachlass fand man unter Notizen zu Berlin eine Anmerkung zu einem 'harbour café' namens "Old Shatterhand". Daher wird angenommen, dass das Flemings Inspiration für Blofelds Decknamen war. Nun sind Hafenkneipen in Berlin eher rar gesät, daher nennen andere Quellen Hamburg als Ort dieser Gaststätte. Da Fleming aber auch allgemein Deutschland recht gut kannte und Berlin und Hamburg in seinem Buch Thrilling Cities beschrieb, selbst deutsch sprach und unter anderem Thomas Mann ins Englische übersetzte, kann man davon ausgehen, dass ihm Karl May als einer der meistgelesenen und -übersetzten deutschen Autoren so oder so ein Begriff gewesen sein muss.
Der Gedanke, dass er irgendwo in Deutschland zufällig in einer obskuren Lokalität namens "Old Shatterhand" landet, dort ein paar 'Molle mit Korn' oder Astra Urtyp trinkt und den Klang des Wortes 'Shatterhand' - ähnlich wie den des Wortes 'Risico' - mag, ist daher wohl eher unwahrscheinlich. Zumal Anfang 1963, als Fleming You Only Live Twice in seinem Haus Goldeneye auf Jamaika verfasste, die Karl-May-Verfilmung DER SCHATZIM SILBERSEE (im englisch-sprachigen Raum Treasure of Silver Lake) bereits sehr erfolgreich in deutschen Kinos lief und sich Martin Böttchers Old-Shatterhand-Melodie als Single für instrumentale Filmmusik zu dieser Zeit außergewöhnlich gut verkaufte.
Flemings nicht geringe Kenntnisse der deutschen Sprache und Literatur vorausgesetzt, war Shatterhand als Deckname von Blofeld wahrscheinlich eine bewusste Anspielung auf den beliebten deutschen Abenteuer-Schriftsteller. Zumal 'Guntram Shatterhand' nicht gerade wie ein typisch deutscher und unauffälliger Name klingt, auch nicht für fernöstliche Ohren.
Karl May schuf sich mit Old Shatterhand in gewisser Weise ein Superhelden-Alter-Ego, ähnlich wie Fleming mit James Bond. Beide Figuren gingen in die ewigen Helden-Jagdgründe ein, und beide Schöpfer kokettierten mit dem Image ihrer geschaffenen Helden. May behauptete eine Zeitlang, tatsächlich Old Shatterhand gewesen zu sein, während Fleming dem Alkohol- und Tabakkonsum seines fiktiven Helden nacheiferte und daran zugrunde ging. Vielleicht war es also eine kleine Hommage an den großen Abenteuerschriftsteller.
Da Fleming einen Bösewicht diesen Namen benutzen lässt, der unter vermeintlich edlen und menschenfreundlichen Motiven in ein fernes Land reist, war es vielleicht aber auch ein kleiner ironischer Seitenhieb auf die deutsche Trivialliteratur. In der deutschen Ausgabe des Romans im Scherz-Verlag nannte man Guntram Shatterhand interessanterweise in Guntram Martell um.
Entkleidet man das Wort Shatterhand aller Konnotationen ist es tatsächlich ein durchaus bondiger Begriff. Zum einen der Verweis auf Körperteile, wie Goldfinger oder GoldenEye. Zum anderen würde es für den finalen Craig-Bond passen, nach SKYFALL und SPECTRE.
Auch der Bezug zum Fleming-Roman You Only Live Twice würde für den fünften Craig-Bond Sinn ergeben. Das Buch beschreibt Bonds finale Begegnung mit seinem Erzfeind Blofeld, nachdem dieser seine Liebe Tracy kurz nach der Hochzeit ermordete. Die beiden Drehbuchautoren Neal Purvis und Robert Wade kennen sich mit dem Fleming'schen Material sehr gut aus und ließen bereits in ihr erstes Bond-Drehbuch zu THE WORLD IS NOT ENOUGH zahlreiche Anspielungen an Tracy und Blofeld einfließen.
Der Roman enthält einige reizvolle Elemente, die im Film YOU ONLY LIVE TWICE nicht genutzt wurden, und daher noch für eine ernsthaftere Verfilmung zur Verfügung stünden. Beispielsweise wird Bond hier mit der Möglichkeit eines Rückzugs aus dem Agentengeschäft konfrontiert und zeugt sogar Nachwuchs. Und er soll das ramponierte Image von Großbritannien wiederherstellen, indem er in den Diplomatenstatus versetzt wird und den Japanern eine wichtige Dechiffriermaschine abluchsen soll. Verbindungsmann Tiger Tanaka konfrontiert Bond immer wieder mit der selbstzerstörerischen Handlungsweise des Nachkriegs-Englands. Eine Thematik, die man in Brexit-Zeiten spielerisch in die Gegenwart holen könnte.
Im ganz profanen Wortsinn könnte Shatterhand auch einfach ein Synonym für das Schicksal sein, dass Bonds und Madeleines Wunsch nach einem Neuanfang zertrümmert.
Normalerweise benutzt Eon Productions einfach 'Bond Nr. X' als Arbeitstitel. In diesem Fall Bond 25. Andererseits wäre ein Arbeitstitel wie Shatterhand auch nicht so ungewöhnlich, falls man auf ein bereits bestehendes Treatment aufbaut. Selbst das Durchsickern des Titels an die Presse könnte ein Testballon sein, um die Reaktion der Fans zu ermitteln.
Die Frage ist wohl eher, ob man einen Namen, den mit großer Wahrscheinlichkeit schon Fleming selbst bewusst von einem anderen berühmten Autoren auslieh, einfach so für einen Bondfilm benutzen kann. Einerseits sind Karl May und die entsprechenden Verfilmungen im englisch-sprachigen Raum nicht so exotisch und unbekannt. (Mal abgesehen von 'Millennials' vielleicht.) Quentin Tarantino outete sich im Vorfeld von INGLORIOUS BASTERDS beispielsweise als Fan der Filme und bezeichnete sie als Vorläufer der Italo-Western. Andererseits ist selbst der Name Goldfinger keine originäre Fleming-Schöpfung, sondern vom bekannten Architekten Ernö Goldfinger entlehnt, der davon alles andere als begeistert war. Elemente auszuleihen und mit neuem Sinn zu versehen ist eine übliche Vorgehensweise in Literatur und Film.
Ich persönlich könnte mit SHATTERHAND sehr gut leben. Immerhin würde der Titel zwei meiner Kindheitshelden verbinden, die im Deutschen eh schon immer mit derselben Stimme sprachen.
Was spricht dafür, was dagegen?
Zum einen hat der Begriff wie bereits erwähnt eindeutige Bezüge zum Fleming'schen Ur-Material. Zumindest aus zweiter Hand, denn natürlich geht der Begriff auf Karl May und dessen Helden Old Shatterhand zurück. Fleming benutzt ihn in seinem Roman You Only Live Twice (Man lebt nur zweimal) als Decknamen von Bonds Nemesis Ernst Stavro Blofeld. Nach seiner Flucht ins ferne Japan nennt sich Blofeld dort Dr. Guntram Shatterhand.
In Flemings Nachlass fand man unter Notizen zu Berlin eine Anmerkung zu einem 'harbour café' namens "Old Shatterhand". Daher wird angenommen, dass das Flemings Inspiration für Blofelds Decknamen war. Nun sind Hafenkneipen in Berlin eher rar gesät, daher nennen andere Quellen Hamburg als Ort dieser Gaststätte. Da Fleming aber auch allgemein Deutschland recht gut kannte und Berlin und Hamburg in seinem Buch Thrilling Cities beschrieb, selbst deutsch sprach und unter anderem Thomas Mann ins Englische übersetzte, kann man davon ausgehen, dass ihm Karl May als einer der meistgelesenen und -übersetzten deutschen Autoren so oder so ein Begriff gewesen sein muss.
Der Gedanke, dass er irgendwo in Deutschland zufällig in einer obskuren Lokalität namens "Old Shatterhand" landet, dort ein paar 'Molle mit Korn' oder Astra Urtyp trinkt und den Klang des Wortes 'Shatterhand' - ähnlich wie den des Wortes 'Risico' - mag, ist daher wohl eher unwahrscheinlich. Zumal Anfang 1963, als Fleming You Only Live Twice in seinem Haus Goldeneye auf Jamaika verfasste, die Karl-May-Verfilmung DER SCHATZIM SILBERSEE (im englisch-sprachigen Raum Treasure of Silver Lake) bereits sehr erfolgreich in deutschen Kinos lief und sich Martin Böttchers Old-Shatterhand-Melodie als Single für instrumentale Filmmusik zu dieser Zeit außergewöhnlich gut verkaufte.
Flemings nicht geringe Kenntnisse der deutschen Sprache und Literatur vorausgesetzt, war Shatterhand als Deckname von Blofeld wahrscheinlich eine bewusste Anspielung auf den beliebten deutschen Abenteuer-Schriftsteller. Zumal 'Guntram Shatterhand' nicht gerade wie ein typisch deutscher und unauffälliger Name klingt, auch nicht für fernöstliche Ohren.
Karl May als Old Shatterhand (1896) |
Da Fleming einen Bösewicht diesen Namen benutzen lässt, der unter vermeintlich edlen und menschenfreundlichen Motiven in ein fernes Land reist, war es vielleicht aber auch ein kleiner ironischer Seitenhieb auf die deutsche Trivialliteratur. In der deutschen Ausgabe des Romans im Scherz-Verlag nannte man Guntram Shatterhand interessanterweise in Guntram Martell um.
Entkleidet man das Wort Shatterhand aller Konnotationen ist es tatsächlich ein durchaus bondiger Begriff. Zum einen der Verweis auf Körperteile, wie Goldfinger oder GoldenEye. Zum anderen würde es für den finalen Craig-Bond passen, nach SKYFALL und SPECTRE.
Auch der Bezug zum Fleming-Roman You Only Live Twice würde für den fünften Craig-Bond Sinn ergeben. Das Buch beschreibt Bonds finale Begegnung mit seinem Erzfeind Blofeld, nachdem dieser seine Liebe Tracy kurz nach der Hochzeit ermordete. Die beiden Drehbuchautoren Neal Purvis und Robert Wade kennen sich mit dem Fleming'schen Material sehr gut aus und ließen bereits in ihr erstes Bond-Drehbuch zu THE WORLD IS NOT ENOUGH zahlreiche Anspielungen an Tracy und Blofeld einfließen.
Der Roman enthält einige reizvolle Elemente, die im Film YOU ONLY LIVE TWICE nicht genutzt wurden, und daher noch für eine ernsthaftere Verfilmung zur Verfügung stünden. Beispielsweise wird Bond hier mit der Möglichkeit eines Rückzugs aus dem Agentengeschäft konfrontiert und zeugt sogar Nachwuchs. Und er soll das ramponierte Image von Großbritannien wiederherstellen, indem er in den Diplomatenstatus versetzt wird und den Japanern eine wichtige Dechiffriermaschine abluchsen soll. Verbindungsmann Tiger Tanaka konfrontiert Bond immer wieder mit der selbstzerstörerischen Handlungsweise des Nachkriegs-Englands. Eine Thematik, die man in Brexit-Zeiten spielerisch in die Gegenwart holen könnte.
Im ganz profanen Wortsinn könnte Shatterhand auch einfach ein Synonym für das Schicksal sein, dass Bonds und Madeleines Wunsch nach einem Neuanfang zertrümmert.
Normalerweise benutzt Eon Productions einfach 'Bond Nr. X' als Arbeitstitel. In diesem Fall Bond 25. Andererseits wäre ein Arbeitstitel wie Shatterhand auch nicht so ungewöhnlich, falls man auf ein bereits bestehendes Treatment aufbaut. Selbst das Durchsickern des Titels an die Presse könnte ein Testballon sein, um die Reaktion der Fans zu ermitteln.
Die Frage ist wohl eher, ob man einen Namen, den mit großer Wahrscheinlichkeit schon Fleming selbst bewusst von einem anderen berühmten Autoren auslieh, einfach so für einen Bondfilm benutzen kann. Einerseits sind Karl May und die entsprechenden Verfilmungen im englisch-sprachigen Raum nicht so exotisch und unbekannt. (Mal abgesehen von 'Millennials' vielleicht.) Quentin Tarantino outete sich im Vorfeld von INGLORIOUS BASTERDS beispielsweise als Fan der Filme und bezeichnete sie als Vorläufer der Italo-Western. Andererseits ist selbst der Name Goldfinger keine originäre Fleming-Schöpfung, sondern vom bekannten Architekten Ernö Goldfinger entlehnt, der davon alles andere als begeistert war. Elemente auszuleihen und mit neuem Sinn zu versehen ist eine übliche Vorgehensweise in Literatur und Film.
Ich persönlich könnte mit SHATTERHAND sehr gut leben. Immerhin würde der Titel zwei meiner Kindheitshelden verbinden, die im Deutschen eh schon immer mit derselben Stimme sprachen.