"Where are you? When will we meet?
Take my unfinished life and make it complete!"
(Moonraker, Shirley Bassey)
Bond-Marathon #11: MOONRAKER (1979)
Vor vierzig Jahren gelang es einem Bondfilm zum letzten Mal, zum weltweit erfolgreichsten Film des Jahres zu werden.* Davor schafften das nur drei Bondfilme mit Sean Connery. Und tatsächlich ist MOONRAKER wie eine Messe für Spezialeffekte und Stunts. 1979 gab es in puncto Aufwand und Sensationen nichts vergleichbares im Kino zu bestaunen. Seitdem dominieren andere Franchises das Box Office, gegen die selbst Event-Bonds wie CASINO ROYALE oder SKYFALL nicht mehr ankommen.
Nach MOONRAKER wurden die Bondfilme realitätsnaher und wieder getreuer der literarischen Vorlage. Sie wurden tiefsinniger und anspruchsvoller, überraschender und action-reicher, aber eins wurden sie nie wieder: Größer!
MOONRAKER kulinarisch
Obwohl MOONRAKER dem Muster von SPY recht getreu folgt, startet er in Bezug auf Bonds Lieblingsgetränk in eine neue Champagner-Ära - mit Bollinger. Bis dato hatte Dom Pérignon James Bond seit DR. NO begleitet. (In den Romanen kommt Dom Pérignon ironischerweise ausgerechnet in Moonraker vor, neben einer erheblichen Menge anderer Spirituosen.)
In LIVEAND LET DIE orderte Bond schon einmal Bollinger für seine Begegnung mit Rosie Carver. Ab MOONRAKER ist es dauerhaft seine erste Wahl, bis einschließlich des kommenden Bond 25. Interessant ist seine Reaktion auf eine Flasche Bollinger in Hollys Hotelzimmer: "Bollinger! If it's '69 you were expecting me!" Als ob er nie etwas anderes getrunken hätte. Auch Beißer gönnt sich eine Flasche zusammen mit seiner neuen Freundin: "Auf uns!"
Hugo Drax bietet Bond keinen Wodka Martini an, sondern Tee - zusammen mit einem klassisch englischen Gurken-Sandwich. Interessanterweise lehnt Bond das ur-britische Ritual des Fünf-Uhr-Tees, das bei Drax auch reichlich snobistisch wirkt, ab. Obwohl Bond laut Fleming die britische Küche für die beste der Welt hält, trinkt er eher ungern Tee, und auch sonst gelang es Fleming, Bond nicht versnobt wirken zu lassen.
Im Vorfeld: Auf welche Elemente freue ich mich? Auf welche nicht?
MOONRAKER bildet wie der Vorgängerfilm eine Hoch-Zeit des Bondfeelings, erzeugt durch grandiose Stunts, zusammen mit dem atemberaubenden Produktionsdesign von Ken Adam, der hier ein denkwürdiges Abschieds-Feuerwerk zündet, und dem augenzwinkernden Charme von Roger Moore.
Im Gegensatz zu seiner vorherigen, zweiten Bond-Regiearbeit entschied sich Lewis Gilbert hier jedoch dafür, den gewagten Handlungssprung in den Weltraum durch teilweise sehr kindische und peinliche Gags zu ironisieren. Diese trüben das Vergnügen immer etwas. In meiner Anfangsphase als Fan, als ich die Romane von Ian Fleming entdeckt hatte, empfand ich diese Gags als grausame Tiefpunkte des Franchises. Mittlerweile kann ich damit leben, auch wenn ich sie immer noch überflüssig finde. Im Gegensatz zu einigen späteren Filmen kann MOONRAKER allerdings auch die größten Peinlichkeiten durch Momente faszinierender Größe ausgleichen.
Bewertungen:
Einführungssequenz / Vortitelsequenz: 14/15
Der Kampf um den Fallschirm in der Luft ist nicht nur eine der großartigsten Stuntsequenzen innerhalb der Bondreihe, sondern auch in der Filmgeschichte insgesamt. Ein grandioser, gnadenloser Zweikampf, bei dem klar ist, dass der Verlierer sterben wird.
Das Auftauchen des Beißers in der Vortitelsequenz fand ich dagegen schon immer unnötig, und das Ende mit Beißers Flugversuch und dem Zirkuszelt dann auch ein weniger gelungener Gag, der leider viele ähnliche Dinge im späteren Film vorausschattet. Ohne diese Einlage wäre die Sequenz für mich perfekt. Interessanterweise drehte Second-Unit-Regisseur John Glen in einem echten Zirkus einige Szenen von Trapezkünstlern, die dann nicht verwendet wurden. Um so mehr Zirkus-Atmosphäre baute Glen dann später in OCTOPUSSY ein.
Titelmusik: 13/15
Sehr schöne, melodische Shirley-Bassey-Interpretation, die perfekt zum Film passt. Barry variiert die Melodie später oft, auch als brasilianische Variante.
Titelanimation: 13/15
Der Anfang mit der stilisierten Version der abstürzenden Trapez-Artisten ist nicht so bondig wie der Übergang bei SPY und anderen Bondfilmen. Insgesamt aber auch eine sehr schöne Arbeit.
Symbiose aus Musik und Animation: 13/15
Allow me to intruduce myself...
Einführungsszene von Bond: 11/15
Die dritte Variation von Man lebt nur zweimal. Wenig innovativ, aber solide und amüsant.
Einführungsszene des Haupt-Bondgirls: 11/15
Bond trifft Dr. Goodhead in den Laboren der Drax-Corporation. Gab es in Der Spion, der mich liebte eine amüsante Reibungsfläche zwischen James und Anya durch den Umstand, dass sie für rivalisierende Weltmächte arbeiteten, versucht man diese Reibung hier einfach durch die Polarität Mann-Frau zu erreichen. Das ist immer noch amüsant, wirkt aber nicht mehr so frisch.
Einführungsszene des Gegenspielers: 13/15
Die typische Audienz-Szene wirkt ein bisschen wie aus einem Jane-Austen-Roman und hat durch die beeindruckenden Räumlichkeiten und den unterschwelligen Humor einen eigenen Reiz.
Einführungsszene des Haupt-Henchman: 11/15
Jaws zeigt seine Beißerchen, nachdem er Bond aus dem Flugzeug geworfen hat. Später gibt es noch einmal eine Art Wiedereinführungsszene, als er am Flughafen kontrolliert wird.
Darstellung von James Bond: 15/15
Eine sehr souveräne Darstellung von Sir Roger Moore. Entgegen dem landläufigen Klischee, dass Moore nur ironisch die Augenbraue heben konnte, spielt er hier szenenweise sehr gut. Im Zusammenspiel mit Corinne Cléru wirkt er männlich und charmant, nach dem Zwischenfall in der Zentrifuge auch verletzlich und angegriffen. Insgesamt gefällt mir Roger Moore hier sehr gut, mit einer Mischung aus Charme, 'badassdom' und Ironie
Gibt es Szenen, in denen Bond weniger sympathisch erscheint?
Nein.
Darstellung des Gegenspielers: 12/15
Michael Lonsdales Hugo Drax wird oft dafür kritisiert, dass er etwas zu passiv und zurückhaltend agiert. Aber seine Darstellung passt für mich doch sehr gut zu der Rolle, und seine verbalen Duelle mit Bond sind sehr amüsant. Er könnte mit seiner kultivierten Kälte der Bruder von Dr. No sein.
Henchmen: 12/15
Nach Der Spion, der mich liebte versuchte man, die bedrohliche Figur des Beißers noch mehr durch Humor zu entschärfen. Dabei schießt man oft auch weit über's Ziel hinaus. Gegen Ende ist er dann zur reinen, unzerstörbaren Cartoon-Figur geworden. ähnlich wie der Coyote in den Road-Runner-Trickfilmen. Sein Auftauchen im brasilianischen Karneval ist eigentlich sein bester Moment, und auch sein Umdenken in der Raumstation wirkt glaubhaft.
Bondgirl: 13/15
Lois Chiles ist eine der wenigen wirklich überzeugenden US-Schauspielerinnen in der Reihe. Sie ist sehr charmant und im Gegensatz zu späteren Darstellerinnen auch glaubwürdig als ausgebildete Astronautin, Wissenschaftlerin und Agentin. (Damit ist sie auch eine der hochqualifiziertesten Helferinnen überhaupt.)
Auch im Original mag ich ihre Stimme, die mich immer etwas an die von Shania Twain erinnert.
Helfer: 13/15
Schwierige Bewertung bei diesem Film, da es den klassischen Helfer à la Felix Leiter nicht gibt. Der befreundete Agent ist auch hier am ehesten Holly.
Corinne Cléru und Emily Bolton helfen Bond ebenfalls und sehen dabei auch noch wunderschön aus. Neben dem Commander des enternden Spaceshuttles - eine weniger ausgebaute Rolle als im Vorgänger - wird natürlich auch Beißer zu einem schlagkräftigen Verbündeten.
Briefing-Szene: 12/15
Mal wieder serien-typisch in M's Büro. Wird aufgelockert durch einige Gimicks, wie den Spiegel-Monitor und die Präsentation der Uhr, die den Abstecher in die Q-Branch erübrigt. Das Büro von M wurde dafür extra zerlegt und in einen französischen Filmstudio wieder aufgebaut.
Moneypenny-Szene: 11/15
Solide.
Q-Szene: 13/15
Q stellt die zur Waffe umgebaute Uhr vor, und taucht später in Brasilien noch einmal auf. "Balls, Q?"
Dramaturgische Struktur
Ist das auslösende Ereignis stark und interessant genug? 9/15
Es ist visuell beeindruckend und bondlike, aber im Hinblick auf die spätere Story nicht ganz so überzeugend. Man merkt richtig, wie gegen Ende noch eine Dialogzeile eingeschoben wurde, um das einigermaßen zu erklären. "Meine eigene Raumfähre war fehlerhaft, deswegen musste ich eine Riesen-Katastrophe auslösen, die bei allen Geheimdiensten dieser Welt die Alarmglocken schrillen lässt." Hier steht man sich mit dem Variieren der Struktur von Man lebt nur zweimal ein bisschen selbst im Weg. Letztlich stört es in dem Film aber auch gar nicht so sehr.
Interessanterweise liefert Drehbuchautor Christopher Wood in seiner Roman-Adaption eine wesentlich plausiblere Begründung für die Entführung. Das Space-Shuttle ist mit einer neuartigen Technik ausgestattet, die ähnlich wie das U-Boot-Ortungssystem in SPY funktioniert - nur im Weltraum. Damit wären Draxens Raum-Aktivitäten entdeckt worden. Die Technik wurde sogar von Q in Zusammenarbeit mit der Nasa entwickelt. Ob sich Wood das nachträglich hat einfallen lassen oder es als zu verwirrend empfunden wurde ist nicht überliefert.
Hält der Film durchgehend eine gewisse Grundspannung aufrecht? 11/15
Grundsätzlich liefert die Story Spannung, allerdings lassen die Klamauk-Szenen dann immer wieder die Luft raus. Die erste Hälfte des Films bis zur Gondeljagd ist beispielsweise phantastisch, und die Szene im Labor eine wunderbare Suspense-Szene. Durch den Spaß-Faktor und die Schauwerte wird es aber auch nie langweilig.
Finale allgemein: 12/15
Ich mag es, vor allem weil sich der Weltraumflug faszinierend detailliert und auf eine eigene Weise realistisch anfühlt. Dazu die Ausnahme-Musik von John Barry. Das Lasergefecht ist natürlich ein bisschen gaga, dafür ist das Abschießen der Globen dann wieder phantastisch.
Gibt es eine Steigerung des Sensationswertes bis hin zum Finale, das alles andere überschattet? 14/15
Samuel Goldwyn sagte einmal: Ein Film muss mit einem Erdbeben beginnen und sich dann langsam steigern. MOONRAKER beginnt mit einer explodierenden Boeing und einem Bond, der ohne Fallschirm aus dem Flugzeug fällt, und endet auf einer riesigen Raumstation und der Rettung der kompletten Menschheit.
Endkampf Bond - Henchman: 10/15
Ist hier nicht im klassischen Sinne vorhanden, da Beißer überläuft. Die Bewertung bezieht sich daher auf den Kampf gegen Draxens Leute allgemein.
Endkampf Bond - Schurke: 12/15
Die finale Begegnung zwischen Bond und Drax ist sehr schön.
Wirkt die Auflösung nach dem Finale befriedigend? 14/15
"Nimm mich noch einmal mit um die Welt!"
Ist Bonds ermittlerische Vorgehensweise glaubwürdig und zielführend? 7/15
Bond kommt hier sehr häufig der Zufall und seine Gadgets zu Hilfe. Im Glockenturm in Venedig finden sich beispielsweise ganz zufällig und nebenbei beim Kampf Kisten mit der Aufschrift Rio de Janeiro. In Rio fährt Bond dann den Zuckerhut hinauf, um mit einem Touristen-Fernrohr Flugzeuge zu beobachten.
Aber letztlich stört das bei diesem Film auch nicht allzu sehr.
Allgemein
Bond-Feeling: 15/15
Fleming-Feeling: 6/15
Der Film entfernt sich schon ziemlich weit von den Romanen, vor allem von dem, der den Titel liefert. Auch wenn es durchaus ernstere Szenen gibt. Wenn man bedenkt, dass Bond in den Büchern sehr oft gefoltert wird und große Schmerzen erdulden muss, ist die Szene mit der Zentrifuge gar nicht so weit weg.
Auf den zweiten Blick folgt die Handlung bei aller Abgehobenheit im Kern dem Roman. Wesentlich mehr zumindest als der Vorgängerfilm.
Dialoge/Humor: 13/15
"Irgendwas gebrochen?" - "Nur das Herz meines Schneiders."
Spannung: 11/15
Logik/Schlüssigkeit der Story: 5/15
Wenn man den Fehler macht, MOONRAKER unter Aspekten der Wahrscheinlichkeit und Logik zu betrachten, ist er natürlich ganz großer Quark. Angefangen bei der Frage, wie Drax unbemerkt so eine riesige Station im Orbit bauen konnte. Für die ISS mit einer Breite von knapp über hundert Metern waren rund 40 Shuttle-Flüge notwendig. Drax' Station hat einen Durchmesser von 200 Metern. Diese Shuttle-Flüge wären sicher auch im südamerikanischen Dschungel irgendwann aufgefallen. Mal abgesehen davon, dass die Station ähnlich wie die ISS auch rein optisch gut sichtbar wäre.
Fehlerhaft ist auch die Darstellung der Erzeugung künstlicher Gravitation durch Fliehkraft, oder auch Bonds Hovercraft. Davon abgesehen ist die Story aber auch nicht völlig hanebüchen und aus den Fingern gesogen. Die Idee, ein Gift aus einer Orchidee zu züchten, die bereits zum Aussterben der Maya führte, hat was.
Auch die gezeigte Technik des Space-Shuttles inklusive des Transports auf einem Flugzeug sind auf der Höhe der damaligen Zeit und zum Teil sogar der Zeit voraus gewesen.
Produktions-Design: 15/15
Die große Abschiedsshow vom Bondsujet von Sir Ken Adam. (Abgesehen vielleicht vom Computerspiel GoldenEye: Rogue Agent.) Ihm gelingen hier noch einmal grandiose Kulissen, wie etwa der Besprechungsraum, der sich auf Knopfdruck in das Auffangbecken für den Feuerstrahl der startenden Rakete verwandelt, und damit zur Todesfalle für Bond und Holly. Adam könnte sich hier zum letzten mal - und vielleicht am freiesten - kreativ austoben. Welcher Film wäre besser dafür geeignet gewesen...
Sehr schön ist auch eine kleine Selbst-Hommage von Ken Adam an sein Design in Man lebt nur zweimal. Im Schurkenversteck im brasilianischen Dschungel lockt eine von Draxens tödlichen Evas Bond auf eine metallene Brücke, die über eine buchstäbliche Schlangengrube führt. Vom Design her erinnert sie an die über Blofelds Piranha-Teich. Doch Bond ist diesmal schlauer und geht um den See herum - nur um von einem beweglichen Stein aus hinein katapultiert zu werden.
Spezialeffekte: 15/15
In Sachen FX einer der beeindruckendsten Bondfilme überhaupt. Unter anderem sah man hier eine bisherige Rekordzahl von Astronauten im Weltraum, erzeugt durch mühsame, sorgfältige Mehrfachbelichtung. Ken Adam fand teilweise sehr ungewöhnliche und kreative Lösung für verschiedene Szenen. So erzeugte er beispielsweise die Kondensstreifen der startenden Rakete mit Hilfe von Salz, oder die Illusion von Weltraumtrümmern, indem er mit echten Schusswaffen auf das Modell der Station feuern ließ.
Action/Stunts: 15/15
Allein die Freefall-Stunts am Anfang sind unglaublich. Wie oft bei den Bondfilmen sind die gefährlichen Stunts manchmal auch die eher unscheinbaren gewesen, beispielsweise als Richard Grayden während des Seilbahn-Kampfes ausrutschte und ohne Sicherung an der Kabine über Rio de Janeiro hing.
Bildgestaltung: 13/15
Dem französischen Kameramann Jean Tournier (Der Schakal), der nur einmal für das Bondfranchise arbeitete, gelingen unter der Regie von Lewis Gilbert sehr schöne Aufnahmen. Überhaupt hatte Gilbert ein sehr gutes Auge für die überlebensgroßen, ikonischen Bilder, die Bond ausmachen - mehr als sein Vorgänger und auch sein Nachfolger. Der über die trainierenden Astronautinnen fliegende Helikopter beispielsweise, oder Bond, der die Giftphiole im Labor gegen das Licht hält und betrachtet.
Locations
Drehorte: 15/15
Mit Venedig und Rio de Janeiro verschlägt es Bond in gleich zwei der schönsten Touristenhochburgen der Welt. Dazu kommt das Chateau de Vaux le Vicomte nahe Paris, die atemberaubenden Iguacu-Wasserfälle, die Maya-Pyramiden und schließlich natürlich der Weltraum.
Zu den Drehorten in Venedig siehe auch hier: Venini-Glas, Bondola-Jagd, Innenhof des Glas-Museums.
Lokalkolorit: 15/15
Vor allem der Karneval in Rio ist sehr schön eingefangen.
Kombination: 11/15
Wie schon in SPY wurden die Drehorte hauptsächlich danach ausgewählt, möglichst spektakulär zu sein, und dann mehr oder weniger plausibel innerhalb der Handlung begründet. Venedig bietet sich wegen der Glasherstellung an, Südamerika wegen der Nähe zum Äquator einigermaßen als Standort für den geheimen Raketenbahnhof.
Sehr augenzwinkernd wurde sogar ein französisches Schloss per Matte Painting ins sonnige Kalifornien transportiert.
Musik
Titelsong: 13/15
Sehr schön und passend, und auch als Disko-Version am Ende recht nett und eine musikalische Vorausschau auf die Achtziger.
Allgemein: 15/15
Einer meiner absoluten Lieblings-Bondscores. Die Musik hat eine eigenständige, vom Film auch unabhängig erfahrbare Schönheit, an der ich mich nicht satthören kann. Buchstäbliche Highlights sind "Flight Into Space" oder "Bond lured to Pyramid". Die Musik trägt dazu bei, den Film trotz seiner peinlichen Momente weit über Mittelmaß hinaus zu heben.
Wie schon Marvin Hamlish bei SPY verwendet John Barry hier klassische Musik. Allerdings nicht immer mit glücklicher Hand. Die Tritsch-Tratsch-Polka zu Bonds Luftkissenritt über den Markusplatz oder die Musik aus Tschaikowskis Romeo und Julia zu Beißers Téte-à-Téte machen diese sehr fragwürdigen Momente nicht unbedingt besser.
Fazit - Gewonnen oder verloren?
Rechnerisch ergibt sich eine knappe Zwei minus, die auch ungefähr meinem Gefühl entspricht. MOONRAKER hat Momente absoluter Grandezza, dann aber auch wieder Momente, bei denen man gern beide Augen zudrückt. Zugunsten des Films muss man allerdings sagen, dass die wirklich peinlichen Szenen sehr kurz sind - wie etwa die dümmliche Idee, Bond mit einer Gondel über den meistfotografierten Platz der Welt kurven zu lassen - während die großartigen Sachen dominieren.
Unter'm Strich gehört er definitiv zu den guilty pleasures, die auch nach dutzenden Sichtungen immer wieder Spaß machen. Das liegt auch daran, dass der Film sich teilweise gar keine große Mühe damit gibt, die Zahnräder seiner Maschinerie zu verstecken, und offen und ironisch mit seiner eigenen Formelhaftigkeit spielt. Drax verbringt anders als Stromberg beispielsweise nicht viel Zeit damit, seine Motivation für seinen geplanten Genozid zu schildern. Er ist einfach der Gegenspieler, und er weiß das. Genauso wie Beißer immer wieder angreift, obwohl er zu wissen scheint, dass er nie gewinnt - zumindest, solange er nicht auf Bonds Seite kämpft.
Der Film spielt damit manchmal auf einer Meta-Ebene, die wie die Raumstation die Bondwelt mit einer entspannten Schwerelosigkeit von oben betrachten kann. Und ebenso wie die Figuren um ihren Platz im großen Spiel zu wissen scheinen und dem Zuschauer zuzwinkern, scheint auch der Film zu wissen, dass nach dieser Riesen-Sause nur die nüchterne Rückbesinnung folgen kann.
Natürlich konnte es mit der Gigantomanie nach MOONRAKER nicht weitergehen, und natürlich war der Film insofern eine Sackgasse. Aber ich bin davon überzeugt, dass die Macher das schon wussten, bevor sie den Film im Kasten hatten. Und wäre das ein Grund gewesen, ihn nicht zu machen? Ist das Bewusstsein, dass der Montag kommt, ein Grund, Samstag Nacht nicht zu feiern, als gäbe es kein Morgen? Ich denke eher im Gegenteil.
Nach MOONRAKER begann der Montag Morgen eines neuen Jahrzehnts, an dem Bond den Raumanzug in den Schrank hängen und ins triste, irdische Londoner Büro zurück musste. Notwendig, klar. Aber meine Güte, die Party war es wert!
Gefühlt: 13/15
Errechnet: 12,59/15
Also mehr als 80 % und eine knappe 1-: Die Leistungen entsprechen den Anforderungen voll, bzw. in besonderem Maße.
Take my unfinished life and make it complete!"
(Moonraker, Shirley Bassey)
Bond-Marathon #11: MOONRAKER (1979)
Vor vierzig Jahren gelang es einem Bondfilm zum letzten Mal, zum weltweit erfolgreichsten Film des Jahres zu werden.* Davor schafften das nur drei Bondfilme mit Sean Connery. Und tatsächlich ist MOONRAKER wie eine Messe für Spezialeffekte und Stunts. 1979 gab es in puncto Aufwand und Sensationen nichts vergleichbares im Kino zu bestaunen. Seitdem dominieren andere Franchises das Box Office, gegen die selbst Event-Bonds wie CASINO ROYALE oder SKYFALL nicht mehr ankommen.
Nach MOONRAKER wurden die Bondfilme realitätsnaher und wieder getreuer der literarischen Vorlage. Sie wurden tiefsinniger und anspruchsvoller, überraschender und action-reicher, aber eins wurden sie nie wieder: Größer!
MOONRAKER kulinarisch
Obwohl MOONRAKER dem Muster von SPY recht getreu folgt, startet er in Bezug auf Bonds Lieblingsgetränk in eine neue Champagner-Ära - mit Bollinger. Bis dato hatte Dom Pérignon James Bond seit DR. NO begleitet. (In den Romanen kommt Dom Pérignon ironischerweise ausgerechnet in Moonraker vor, neben einer erheblichen Menge anderer Spirituosen.)
"May I press you to a cucumber sandwich?" |
Hugo Drax bietet Bond keinen Wodka Martini an, sondern Tee - zusammen mit einem klassisch englischen Gurken-Sandwich. Interessanterweise lehnt Bond das ur-britische Ritual des Fünf-Uhr-Tees, das bei Drax auch reichlich snobistisch wirkt, ab. Obwohl Bond laut Fleming die britische Küche für die beste der Welt hält, trinkt er eher ungern Tee, und auch sonst gelang es Fleming, Bond nicht versnobt wirken zu lassen.
Im Vorfeld: Auf welche Elemente freue ich mich? Auf welche nicht?
MOONRAKER bildet wie der Vorgängerfilm eine Hoch-Zeit des Bondfeelings, erzeugt durch grandiose Stunts, zusammen mit dem atemberaubenden Produktionsdesign von Ken Adam, der hier ein denkwürdiges Abschieds-Feuerwerk zündet, und dem augenzwinkernden Charme von Roger Moore.
Im Gegensatz zu seiner vorherigen, zweiten Bond-Regiearbeit entschied sich Lewis Gilbert hier jedoch dafür, den gewagten Handlungssprung in den Weltraum durch teilweise sehr kindische und peinliche Gags zu ironisieren. Diese trüben das Vergnügen immer etwas. In meiner Anfangsphase als Fan, als ich die Romane von Ian Fleming entdeckt hatte, empfand ich diese Gags als grausame Tiefpunkte des Franchises. Mittlerweile kann ich damit leben, auch wenn ich sie immer noch überflüssig finde. Im Gegensatz zu einigen späteren Filmen kann MOONRAKER allerdings auch die größten Peinlichkeiten durch Momente faszinierender Größe ausgleichen.
Bewertungen:
Einführungssequenz / Vortitelsequenz: 14/15
Der Kampf um den Fallschirm in der Luft ist nicht nur eine der großartigsten Stuntsequenzen innerhalb der Bondreihe, sondern auch in der Filmgeschichte insgesamt. Ein grandioser, gnadenloser Zweikampf, bei dem klar ist, dass der Verlierer sterben wird.
Das Auftauchen des Beißers in der Vortitelsequenz fand ich dagegen schon immer unnötig, und das Ende mit Beißers Flugversuch und dem Zirkuszelt dann auch ein weniger gelungener Gag, der leider viele ähnliche Dinge im späteren Film vorausschattet. Ohne diese Einlage wäre die Sequenz für mich perfekt. Interessanterweise drehte Second-Unit-Regisseur John Glen in einem echten Zirkus einige Szenen von Trapezkünstlern, die dann nicht verwendet wurden. Um so mehr Zirkus-Atmosphäre baute Glen dann später in OCTOPUSSY ein.
Titelmusik: 13/15
Sehr schöne, melodische Shirley-Bassey-Interpretation, die perfekt zum Film passt. Barry variiert die Melodie später oft, auch als brasilianische Variante.
Titelanimation: 13/15
Der Anfang mit der stilisierten Version der abstürzenden Trapez-Artisten ist nicht so bondig wie der Übergang bei SPY und anderen Bondfilmen. Insgesamt aber auch eine sehr schöne Arbeit.
Symbiose aus Musik und Animation: 13/15
Allow me to intruduce myself...
Einführungsszene von Bond: 11/15
Die dritte Variation von Man lebt nur zweimal. Wenig innovativ, aber solide und amüsant.
Einführungsszene des Haupt-Bondgirls: 11/15
Sonderheft der CINEMA zu MOONRAKER 1979 |
Einführungsszene des Gegenspielers: 13/15
Die typische Audienz-Szene wirkt ein bisschen wie aus einem Jane-Austen-Roman und hat durch die beeindruckenden Räumlichkeiten und den unterschwelligen Humor einen eigenen Reiz.
Einführungsszene des Haupt-Henchman: 11/15
Jaws zeigt seine Beißerchen, nachdem er Bond aus dem Flugzeug geworfen hat. Später gibt es noch einmal eine Art Wiedereinführungsszene, als er am Flughafen kontrolliert wird.
Darstellung von James Bond: 15/15
Eine sehr souveräne Darstellung von Sir Roger Moore. Entgegen dem landläufigen Klischee, dass Moore nur ironisch die Augenbraue heben konnte, spielt er hier szenenweise sehr gut. Im Zusammenspiel mit Corinne Cléru wirkt er männlich und charmant, nach dem Zwischenfall in der Zentrifuge auch verletzlich und angegriffen. Insgesamt gefällt mir Roger Moore hier sehr gut, mit einer Mischung aus Charme, 'badassdom' und Ironie
Gibt es Szenen, in denen Bond weniger sympathisch erscheint?
Nein.
Darstellung des Gegenspielers: 12/15
Michael Lonsdales Hugo Drax wird oft dafür kritisiert, dass er etwas zu passiv und zurückhaltend agiert. Aber seine Darstellung passt für mich doch sehr gut zu der Rolle, und seine verbalen Duelle mit Bond sind sehr amüsant. Er könnte mit seiner kultivierten Kälte der Bruder von Dr. No sein.
Henchmen: 12/15
Nach Der Spion, der mich liebte versuchte man, die bedrohliche Figur des Beißers noch mehr durch Humor zu entschärfen. Dabei schießt man oft auch weit über's Ziel hinaus. Gegen Ende ist er dann zur reinen, unzerstörbaren Cartoon-Figur geworden. ähnlich wie der Coyote in den Road-Runner-Trickfilmen. Sein Auftauchen im brasilianischen Karneval ist eigentlich sein bester Moment, und auch sein Umdenken in der Raumstation wirkt glaubhaft.
Bondgirl: 13/15
Im Westen nichts neues: Die Bond-Lady ist diesmal nicht nur schmuckes Beiwerk |
Auch im Original mag ich ihre Stimme, die mich immer etwas an die von Shania Twain erinnert.
Helfer: 13/15
Schwierige Bewertung bei diesem Film, da es den klassischen Helfer à la Felix Leiter nicht gibt. Der befreundete Agent ist auch hier am ehesten Holly.
Corinne Cléru und Emily Bolton helfen Bond ebenfalls und sehen dabei auch noch wunderschön aus. Neben dem Commander des enternden Spaceshuttles - eine weniger ausgebaute Rolle als im Vorgänger - wird natürlich auch Beißer zu einem schlagkräftigen Verbündeten.
Briefing-Szene: 12/15
Mal wieder serien-typisch in M's Büro. Wird aufgelockert durch einige Gimicks, wie den Spiegel-Monitor und die Präsentation der Uhr, die den Abstecher in die Q-Branch erübrigt. Das Büro von M wurde dafür extra zerlegt und in einen französischen Filmstudio wieder aufgebaut.
Moneypenny-Szene: 11/15
Solide.
Q-Szene: 13/15
Q stellt die zur Waffe umgebaute Uhr vor, und taucht später in Brasilien noch einmal auf. "Balls, Q?"
Dramaturgische Struktur
Ist das auslösende Ereignis stark und interessant genug? 9/15
Es ist visuell beeindruckend und bondlike, aber im Hinblick auf die spätere Story nicht ganz so überzeugend. Man merkt richtig, wie gegen Ende noch eine Dialogzeile eingeschoben wurde, um das einigermaßen zu erklären. "Meine eigene Raumfähre war fehlerhaft, deswegen musste ich eine Riesen-Katastrophe auslösen, die bei allen Geheimdiensten dieser Welt die Alarmglocken schrillen lässt." Hier steht man sich mit dem Variieren der Struktur von Man lebt nur zweimal ein bisschen selbst im Weg. Letztlich stört es in dem Film aber auch gar nicht so sehr.
Interessanterweise liefert Drehbuchautor Christopher Wood in seiner Roman-Adaption eine wesentlich plausiblere Begründung für die Entführung. Das Space-Shuttle ist mit einer neuartigen Technik ausgestattet, die ähnlich wie das U-Boot-Ortungssystem in SPY funktioniert - nur im Weltraum. Damit wären Draxens Raum-Aktivitäten entdeckt worden. Die Technik wurde sogar von Q in Zusammenarbeit mit der Nasa entwickelt. Ob sich Wood das nachträglich hat einfallen lassen oder es als zu verwirrend empfunden wurde ist nicht überliefert.
Hält der Film durchgehend eine gewisse Grundspannung aufrecht? 11/15
Grundsätzlich liefert die Story Spannung, allerdings lassen die Klamauk-Szenen dann immer wieder die Luft raus. Die erste Hälfte des Films bis zur Gondeljagd ist beispielsweise phantastisch, und die Szene im Labor eine wunderbare Suspense-Szene. Durch den Spaß-Faktor und die Schauwerte wird es aber auch nie langweilig.
Finale allgemein: 12/15
Ich mag es, vor allem weil sich der Weltraumflug faszinierend detailliert und auf eine eigene Weise realistisch anfühlt. Dazu die Ausnahme-Musik von John Barry. Das Lasergefecht ist natürlich ein bisschen gaga, dafür ist das Abschießen der Globen dann wieder phantastisch.
Gibt es eine Steigerung des Sensationswertes bis hin zum Finale, das alles andere überschattet? 14/15
Samuel Goldwyn sagte einmal: Ein Film muss mit einem Erdbeben beginnen und sich dann langsam steigern. MOONRAKER beginnt mit einer explodierenden Boeing und einem Bond, der ohne Fallschirm aus dem Flugzeug fällt, und endet auf einer riesigen Raumstation und der Rettung der kompletten Menschheit.
Endkampf Bond - Henchman: 10/15
Ist hier nicht im klassischen Sinne vorhanden, da Beißer überläuft. Die Bewertung bezieht sich daher auf den Kampf gegen Draxens Leute allgemein.
Endkampf Bond - Schurke: 12/15
Die finale Begegnung zwischen Bond und Drax ist sehr schön.
Wirkt die Auflösung nach dem Finale befriedigend? 14/15
"Nimm mich noch einmal mit um die Welt!"
Ist Bonds ermittlerische Vorgehensweise glaubwürdig und zielführend? 7/15
Bond kommt hier sehr häufig der Zufall und seine Gadgets zu Hilfe. Im Glockenturm in Venedig finden sich beispielsweise ganz zufällig und nebenbei beim Kampf Kisten mit der Aufschrift Rio de Janeiro. In Rio fährt Bond dann den Zuckerhut hinauf, um mit einem Touristen-Fernrohr Flugzeuge zu beobachten.
Aber letztlich stört das bei diesem Film auch nicht allzu sehr.
Allgemein
Fleming-Feeling: 6/15
Der Film entfernt sich schon ziemlich weit von den Romanen, vor allem von dem, der den Titel liefert. Auch wenn es durchaus ernstere Szenen gibt. Wenn man bedenkt, dass Bond in den Büchern sehr oft gefoltert wird und große Schmerzen erdulden muss, ist die Szene mit der Zentrifuge gar nicht so weit weg.
Auf den zweiten Blick folgt die Handlung bei aller Abgehobenheit im Kern dem Roman. Wesentlich mehr zumindest als der Vorgängerfilm.
Dialoge/Humor: 13/15
"Irgendwas gebrochen?" - "Nur das Herz meines Schneiders."
Spannung: 11/15
Logik/Schlüssigkeit der Story: 5/15
Wenn man den Fehler macht, MOONRAKER unter Aspekten der Wahrscheinlichkeit und Logik zu betrachten, ist er natürlich ganz großer Quark. Angefangen bei der Frage, wie Drax unbemerkt so eine riesige Station im Orbit bauen konnte. Für die ISS mit einer Breite von knapp über hundert Metern waren rund 40 Shuttle-Flüge notwendig. Drax' Station hat einen Durchmesser von 200 Metern. Diese Shuttle-Flüge wären sicher auch im südamerikanischen Dschungel irgendwann aufgefallen. Mal abgesehen davon, dass die Station ähnlich wie die ISS auch rein optisch gut sichtbar wäre.
Fehlerhaft ist auch die Darstellung der Erzeugung künstlicher Gravitation durch Fliehkraft, oder auch Bonds Hovercraft. Davon abgesehen ist die Story aber auch nicht völlig hanebüchen und aus den Fingern gesogen. Die Idee, ein Gift aus einer Orchidee zu züchten, die bereits zum Aussterben der Maya führte, hat was.
Auch die gezeigte Technik des Space-Shuttles inklusive des Transports auf einem Flugzeug sind auf der Höhe der damaligen Zeit und zum Teil sogar der Zeit voraus gewesen.
Produktions-Design: 15/15
Die große Abschiedsshow vom Bondsujet von Sir Ken Adam. (Abgesehen vielleicht vom Computerspiel GoldenEye: Rogue Agent.) Ihm gelingen hier noch einmal grandiose Kulissen, wie etwa der Besprechungsraum, der sich auf Knopfdruck in das Auffangbecken für den Feuerstrahl der startenden Rakete verwandelt, und damit zur Todesfalle für Bond und Holly. Adam könnte sich hier zum letzten mal - und vielleicht am freiesten - kreativ austoben. Welcher Film wäre besser dafür geeignet gewesen...
Sehr schön ist auch eine kleine Selbst-Hommage von Ken Adam an sein Design in Man lebt nur zweimal. Im Schurkenversteck im brasilianischen Dschungel lockt eine von Draxens tödlichen Evas Bond auf eine metallene Brücke, die über eine buchstäbliche Schlangengrube führt. Vom Design her erinnert sie an die über Blofelds Piranha-Teich. Doch Bond ist diesmal schlauer und geht um den See herum - nur um von einem beweglichen Stein aus hinein katapultiert zu werden.
Spezialeffekte: 15/15
Der Ort der Begegnung zwischen Bond und Holly |
Action/Stunts: 15/15
Allein die Freefall-Stunts am Anfang sind unglaublich. Wie oft bei den Bondfilmen sind die gefährlichen Stunts manchmal auch die eher unscheinbaren gewesen, beispielsweise als Richard Grayden während des Seilbahn-Kampfes ausrutschte und ohne Sicherung an der Kabine über Rio de Janeiro hing.
Bildgestaltung: 13/15
Dem französischen Kameramann Jean Tournier (Der Schakal), der nur einmal für das Bondfranchise arbeitete, gelingen unter der Regie von Lewis Gilbert sehr schöne Aufnahmen. Überhaupt hatte Gilbert ein sehr gutes Auge für die überlebensgroßen, ikonischen Bilder, die Bond ausmachen - mehr als sein Vorgänger und auch sein Nachfolger. Der über die trainierenden Astronautinnen fliegende Helikopter beispielsweise, oder Bond, der die Giftphiole im Labor gegen das Licht hält und betrachtet.
Locations
Drehorte: 15/15
Mit Venedig und Rio de Janeiro verschlägt es Bond in gleich zwei der schönsten Touristenhochburgen der Welt. Dazu kommt das Chateau de Vaux le Vicomte nahe Paris, die atemberaubenden Iguacu-Wasserfälle, die Maya-Pyramiden und schließlich natürlich der Weltraum.
Zu den Drehorten in Venedig siehe auch hier: Venini-Glas, Bondola-Jagd, Innenhof des Glas-Museums.
Lokalkolorit: 15/15
Vor allem der Karneval in Rio ist sehr schön eingefangen.
Kombination: 11/15
Wie schon in SPY wurden die Drehorte hauptsächlich danach ausgewählt, möglichst spektakulär zu sein, und dann mehr oder weniger plausibel innerhalb der Handlung begründet. Venedig bietet sich wegen der Glasherstellung an, Südamerika wegen der Nähe zum Äquator einigermaßen als Standort für den geheimen Raketenbahnhof.
Sehr augenzwinkernd wurde sogar ein französisches Schloss per Matte Painting ins sonnige Kalifornien transportiert.
Musik
Titelsong: 13/15
Sehr schön und passend, und auch als Disko-Version am Ende recht nett und eine musikalische Vorausschau auf die Achtziger.
Allgemein: 15/15
Einer meiner absoluten Lieblings-Bondscores. Die Musik hat eine eigenständige, vom Film auch unabhängig erfahrbare Schönheit, an der ich mich nicht satthören kann. Buchstäbliche Highlights sind "Flight Into Space" oder "Bond lured to Pyramid". Die Musik trägt dazu bei, den Film trotz seiner peinlichen Momente weit über Mittelmaß hinaus zu heben.
Wie schon Marvin Hamlish bei SPY verwendet John Barry hier klassische Musik. Allerdings nicht immer mit glücklicher Hand. Die Tritsch-Tratsch-Polka zu Bonds Luftkissenritt über den Markusplatz oder die Musik aus Tschaikowskis Romeo und Julia zu Beißers Téte-à-Téte machen diese sehr fragwürdigen Momente nicht unbedingt besser.
Fazit - Gewonnen oder verloren?
Rechnerisch ergibt sich eine knappe Zwei minus, die auch ungefähr meinem Gefühl entspricht. MOONRAKER hat Momente absoluter Grandezza, dann aber auch wieder Momente, bei denen man gern beide Augen zudrückt. Zugunsten des Films muss man allerdings sagen, dass die wirklich peinlichen Szenen sehr kurz sind - wie etwa die dümmliche Idee, Bond mit einer Gondel über den meistfotografierten Platz der Welt kurven zu lassen - während die großartigen Sachen dominieren.
Unter'm Strich gehört er definitiv zu den guilty pleasures, die auch nach dutzenden Sichtungen immer wieder Spaß machen. Das liegt auch daran, dass der Film sich teilweise gar keine große Mühe damit gibt, die Zahnräder seiner Maschinerie zu verstecken, und offen und ironisch mit seiner eigenen Formelhaftigkeit spielt. Drax verbringt anders als Stromberg beispielsweise nicht viel Zeit damit, seine Motivation für seinen geplanten Genozid zu schildern. Er ist einfach der Gegenspieler, und er weiß das. Genauso wie Beißer immer wieder angreift, obwohl er zu wissen scheint, dass er nie gewinnt - zumindest, solange er nicht auf Bonds Seite kämpft.
Der Film spielt damit manchmal auf einer Meta-Ebene, die wie die Raumstation die Bondwelt mit einer entspannten Schwerelosigkeit von oben betrachten kann. Und ebenso wie die Figuren um ihren Platz im großen Spiel zu wissen scheinen und dem Zuschauer zuzwinkern, scheint auch der Film zu wissen, dass nach dieser Riesen-Sause nur die nüchterne Rückbesinnung folgen kann.
Natürlich konnte es mit der Gigantomanie nach MOONRAKER nicht weitergehen, und natürlich war der Film insofern eine Sackgasse. Aber ich bin davon überzeugt, dass die Macher das schon wussten, bevor sie den Film im Kasten hatten. Und wäre das ein Grund gewesen, ihn nicht zu machen? Ist das Bewusstsein, dass der Montag kommt, ein Grund, Samstag Nacht nicht zu feiern, als gäbe es kein Morgen? Ich denke eher im Gegenteil.
Nach MOONRAKER begann der Montag Morgen eines neuen Jahrzehnts, an dem Bond den Raumanzug in den Schrank hängen und ins triste, irdische Londoner Büro zurück musste. Notwendig, klar. Aber meine Güte, die Party war es wert!
Gefühlt: 13/15
Errechnet: 12,59/15
Also mehr als 80 % und eine knappe 1-: Die Leistungen entsprechen den Anforderungen voll, bzw. in besonderem Maße.
James Bond will return in
FOR YOUR EYES ONLY
* Siehe hier: Die erfolgreichsten Filme nach Jahr. Nur in Deutschland waren Louis' unheimliche Begegnung mit den Außerirdischen und Das Krokodil und sein Nilpferd 1979 noch erfolgreicher als MOONRAKER, abgesehen von einer Wiederaufführung von Das Dschungelbuch.