Vor 30 Jahren startete A VIEW TO A KILL unter dem deutschen Titel Im Angesicht des Todes in den bundesdeutschen Kinos. Die Reaktionen der Presse, die den Roger-Moore-Filmen eh nicht besonders wohlgesonnen war, fielen eher verhalten aus. Zu routiniert wirkte die Inszenierung, zu offensichtlich die Stunt-Doubles, zu albern die Gags. Auch heute noch hat der Bond-Schwanengesang von Sir Roger Moore einen schweren Stand bei vielen Fans. Doch es gibt durchaus auch viel Positives an Im Angesicht des Todes.
Positive oder gar begeisterte Kritiken finden sich für Im Angesicht des Todes kaum. Hier nur mal eine kurze Übersicht der US-Pressestimmen (zitiert aus der Cinema von August 1985):
Variety: Nach einem vielversprechenden Auftakt mit einer atemberaubenden Verfolgungsjagd versinkt der Film zusehends in Langeweile.
The Hollywood Reporter: Bei der 14. Exhumierung des James Bond ist den Machern die kreative Puste ausgegangen. Der Plot scheint nur mit Spucke zusammengeklebt zu sein, und Roger Moore spielt unendlich blasiert.
Los Angeles Times: Die zur Schauspielerin mutierte Sängerin Grace Jones schlägt voll ein - besonders beim Sprung vom Eiffelturm.
Los Angeles Herold: Angesichts der inzwischen ohnehin auf ein Minimum reduzierten Erwartungen der Bond-Fangemeinde bietet Im Angesicht des Todes zumindest die Möglichkeit, halbwegs angenehm die Zeit totzuschlagen.
L.A. Weekly: Der schlechteste James-Bond-Film aller Zeiten, was an sich schon eine beachtliche Leistung ist.
Hierzulande sah es wenig besser aus. Die Zeit meinte: Denn der einst so witzige James Bond verkommt zusehends zur tragikomischen Figur: Das Publikum wird immer jünger (und der Regisseur John Glen kupfert kräftig ab beim Kinderkino Hollywoods, von „Indiana Jones“ bis zu „Superman“), der Held aber nähert sich dem Rentenalter. Vier Storys von Ian Fleming, so droht der Produzent Albert Broccoli, sind noch nicht verfilmt worden. Die muß James Bond wohl noch durchstehen. Dann aber, so hoffen wir, darf er endlich die treue Miß Moneypenny, die mit ihm zusammen gealtert ist, heiraten und sich zurückziehen in den wohlverdienten Ruhestand.
Und Hellmuth Karasek schrieb im Spiegel: Was einst mit Witz gegen den damaligen Muff anging, ist inzwischen selbst total vermufft. Und: Inzwischen wirbt Bond nur noch für sich selbst, parodiert Bond nur noch Bond. Und so bleibt, trotz der immer pyromanischer werdenden Destruktionsorgien, von Bond nur noch der Kinderkram übrig: vom Geheimagenten 007 Ihrer Majestät zum "Kasperle ist wieder da". Bond, der die Nostalgie auf Bond weckt. Bestenfalls. (Karasek, der Patrick Macnee als lebende Anti-Eisbein-Reklame beschreibt, schrieb zehn Jahre später im Spiegel zu GOLDENEYE, dass aus Bond nun ein Comic-Held geworden sei und er trotz aller Anstrengungen aus der Zeit gefallen sei. Manche Kritiker nehmen ihre Berufsbezeichnung eben offenbar wörtlich.)
Wie in der Zeit wurde auch in der Cinema kritisiert, dass zahlreiche Szenen entweder an frühere Bondfilme oder an andere erfolgreiche Kinofilme erinnern. Die Jagd im zerteilten Auto erinnerte beispielsweise sehr an LE CERVEAU (Das Superhirn). Action in einem Bergwerksstollen gab es ein Jahr zuvor im zweiten INDIANA-JONES-Abenteuer. Vieles erinnert zudem an die ersten beiden SUPERMAN-Filme. Der Plan eines künstlichen Erdbebens am San-Andreas-Graben beispielsweise ebenso wie Action am Eiffelturm aus der Fortsetzung. (Man könnte eine klaustrophobische Fahrstuhlkletterei auch in ABWÄRTS finden, oder die bedrohliche Präsenz eines Luftschiffs in BLACK SUNDAY mit Robert Shaw von 1977. Wobei sich derartige Parallelen sicher auch bei den meisten anderen Bondfilmen finden lassen. Schon FROM RUSSIA WITH LOVE bediente sich stark bei der berühmten Flugzeugattacke aus Hitchcocks NORTH BY NORTH-WEST.)
Die Anleihen an frühere Bondfilme kann man dagegen auch als Verbeugungen an eine zu Ende gehende Ära im großem Abschiedsfilm sehen. Es gibt noch einmal einen tollpatschigen Sheriff und crashende Polizeiautos wie in Moores Bonddebüt LIVE AND LET DIE, die Rücken-an-Rücken-Duell-Pose auf dem Plakat erinnert an den Showdown von THE MAN WITH THE GOLDEN GUN, von Willy Bogner genial kreierte Jagden im Schnee, der Union Jack oder ein Stelldichein mit einer KGB-Spionin feiern THE SPY WHO LOVED ME (im ursprünglichen Script war Pola Ivanova auch tatsächlich Major Amasova), ein mondänes französisches Schloss als Schurkenresidenz und im Finale überlaufende Kraftprotze erinnern an MOONRAKER.
Der Film beschränkt sich auch nicht darauf, den zugegebenermaßen in die Jahre gekommenen Roger Moore möglichst dynamisch in Szene zu setzen und damit einen Anachronismus zwanghaft am Leben zu erhalten. Der Zahn der Zeit wird im Film auch selbst thematisiert, wenn auch nicht so offensichtlich wie in späteren Bondfilmen. Mit Roger Moore und Patrick Macnee sieht man zwei Gentleman-Agenten der alten Schule in einer neuen, gieriger und amoralischer gewordenen Welt. Mit den jungen und überdurchschnittlichen fitten Gegenspielern Zorin und May Day wird ihnen der Körperkult der Achtziger Jahre gegenüber gestellt, deren Stars Arnold Schwarzenegger und Sylvester Stallone wurden. (mit Dolph Lundgren gibt es sogar einen Vertreter dieses Muskelkinos im Film) Wenn die muskulöse May Day James Bond und John Steed in einem Rolls Royce in einem See entsorgt, ist das ein schönes Bild für den Clash dieser beiden Welten.
Letztendlich verbündet sich Bond mit May Day angesichts von Zorins Verrat an ihr, und zeigt damit, dass der Gentleman in ihm doch stärker ist als der Killer. Timothy Daltons Bond hätte May Day den Mord an Tibbett vielleicht nicht verzeihen können und sich dann allein an die Entschärfung der Bombe machen müssen. Roger Moore hatte während der Dreharbeiten sowohl mit dem Auftreten von Grace Jones als auch der gezeigten Brutalität im Finale seine Probleme, was meiner Meinung nach dem Subtext - gealterter Gentleman gegen junge und skrupellose Schurken - insgeheim zu Gute kommt.
Natürlich stellt sich in A VIEW TO A KILL auch eine gewisse handwerkliche Routine ein, und damit auch einige Ärgernisse - wie etwa die oft zu erkennenden Stuntmen. Hier hätte John Glen - seines Zeichens immerhin Cutter von ON HER MAJESTY'S SECRET SERVICE - mehr Sorgfalt an den Tag legen müssen. Andererseits hat der Film meiner Auffassung nach auch großartige Beispiele für eine gelungene und bondige Bildkomposition. Inspiriert von der Golden-Gate-Bridge spielt dabei oft die Farbe Rot eine Rolle und signalisisiert Gefahr. Beispielsweise ist der russische Helikopter zu Beginn leuchtend rot, oder auch May Days Kostüm bei ihrer Einführung während des Pferderennens oder der Wagen der Killergirls an der Tankstelle.
Mehr sehr interessante und mit Liebe zum Detail herausgearbeitete, positive Aspekte des Films findet man - wenn man will - in dem Buch JamesBond in our Sights, das ich hier bereits ausführlicher besprochen hatte.
Positive oder gar begeisterte Kritiken finden sich für Im Angesicht des Todes kaum. Hier nur mal eine kurze Übersicht der US-Pressestimmen (zitiert aus der Cinema von August 1985):
Variety: Nach einem vielversprechenden Auftakt mit einer atemberaubenden Verfolgungsjagd versinkt der Film zusehends in Langeweile.
The Hollywood Reporter: Bei der 14. Exhumierung des James Bond ist den Machern die kreative Puste ausgegangen. Der Plot scheint nur mit Spucke zusammengeklebt zu sein, und Roger Moore spielt unendlich blasiert.
Los Angeles Times: Die zur Schauspielerin mutierte Sängerin Grace Jones schlägt voll ein - besonders beim Sprung vom Eiffelturm.
Los Angeles Herold: Angesichts der inzwischen ohnehin auf ein Minimum reduzierten Erwartungen der Bond-Fangemeinde bietet Im Angesicht des Todes zumindest die Möglichkeit, halbwegs angenehm die Zeit totzuschlagen.
L.A. Weekly: Der schlechteste James-Bond-Film aller Zeiten, was an sich schon eine beachtliche Leistung ist.
Der August 1985 stand im Zeichen von Otto, Madonna, Freddie Krüger und - natürlich zum 7. und letzten mal Roger Moore als James Bond 007 |
Hierzulande sah es wenig besser aus. Die Zeit meinte: Denn der einst so witzige James Bond verkommt zusehends zur tragikomischen Figur: Das Publikum wird immer jünger (und der Regisseur John Glen kupfert kräftig ab beim Kinderkino Hollywoods, von „Indiana Jones“ bis zu „Superman“), der Held aber nähert sich dem Rentenalter. Vier Storys von Ian Fleming, so droht der Produzent Albert Broccoli, sind noch nicht verfilmt worden. Die muß James Bond wohl noch durchstehen. Dann aber, so hoffen wir, darf er endlich die treue Miß Moneypenny, die mit ihm zusammen gealtert ist, heiraten und sich zurückziehen in den wohlverdienten Ruhestand.
Und Hellmuth Karasek schrieb im Spiegel: Was einst mit Witz gegen den damaligen Muff anging, ist inzwischen selbst total vermufft. Und: Inzwischen wirbt Bond nur noch für sich selbst, parodiert Bond nur noch Bond. Und so bleibt, trotz der immer pyromanischer werdenden Destruktionsorgien, von Bond nur noch der Kinderkram übrig: vom Geheimagenten 007 Ihrer Majestät zum "Kasperle ist wieder da". Bond, der die Nostalgie auf Bond weckt. Bestenfalls. (Karasek, der Patrick Macnee als lebende Anti-Eisbein-Reklame beschreibt, schrieb zehn Jahre später im Spiegel zu GOLDENEYE, dass aus Bond nun ein Comic-Held geworden sei und er trotz aller Anstrengungen aus der Zeit gefallen sei. Manche Kritiker nehmen ihre Berufsbezeichnung eben offenbar wörtlich.)
Auch die Schurken wurden der Zeit angepasst und brutaler - was Roger Moore missfiel |
Die Anleihen an frühere Bondfilme kann man dagegen auch als Verbeugungen an eine zu Ende gehende Ära im großem Abschiedsfilm sehen. Es gibt noch einmal einen tollpatschigen Sheriff und crashende Polizeiautos wie in Moores Bonddebüt LIVE AND LET DIE, die Rücken-an-Rücken-Duell-Pose auf dem Plakat erinnert an den Showdown von THE MAN WITH THE GOLDEN GUN, von Willy Bogner genial kreierte Jagden im Schnee, der Union Jack oder ein Stelldichein mit einer KGB-Spionin feiern THE SPY WHO LOVED ME (im ursprünglichen Script war Pola Ivanova auch tatsächlich Major Amasova), ein mondänes französisches Schloss als Schurkenresidenz und im Finale überlaufende Kraftprotze erinnern an MOONRAKER.
Der Film beschränkt sich auch nicht darauf, den zugegebenermaßen in die Jahre gekommenen Roger Moore möglichst dynamisch in Szene zu setzen und damit einen Anachronismus zwanghaft am Leben zu erhalten. Der Zahn der Zeit wird im Film auch selbst thematisiert, wenn auch nicht so offensichtlich wie in späteren Bondfilmen. Mit Roger Moore und Patrick Macnee sieht man zwei Gentleman-Agenten der alten Schule in einer neuen, gieriger und amoralischer gewordenen Welt. Mit den jungen und überdurchschnittlichen fitten Gegenspielern Zorin und May Day wird ihnen der Körperkult der Achtziger Jahre gegenüber gestellt, deren Stars Arnold Schwarzenegger und Sylvester Stallone wurden. (mit Dolph Lundgren gibt es sogar einen Vertreter dieses Muskelkinos im Film) Wenn die muskulöse May Day James Bond und John Steed in einem Rolls Royce in einem See entsorgt, ist das ein schönes Bild für den Clash dieser beiden Welten.
Letztendlich verbündet sich Bond mit May Day angesichts von Zorins Verrat an ihr, und zeigt damit, dass der Gentleman in ihm doch stärker ist als der Killer. Timothy Daltons Bond hätte May Day den Mord an Tibbett vielleicht nicht verzeihen können und sich dann allein an die Entschärfung der Bombe machen müssen. Roger Moore hatte während der Dreharbeiten sowohl mit dem Auftreten von Grace Jones als auch der gezeigten Brutalität im Finale seine Probleme, was meiner Meinung nach dem Subtext - gealterter Gentleman gegen junge und skrupellose Schurken - insgeheim zu Gute kommt.
Natürlich stellt sich in A VIEW TO A KILL auch eine gewisse handwerkliche Routine ein, und damit auch einige Ärgernisse - wie etwa die oft zu erkennenden Stuntmen. Hier hätte John Glen - seines Zeichens immerhin Cutter von ON HER MAJESTY'S SECRET SERVICE - mehr Sorgfalt an den Tag legen müssen. Andererseits hat der Film meiner Auffassung nach auch großartige Beispiele für eine gelungene und bondige Bildkomposition. Inspiriert von der Golden-Gate-Bridge spielt dabei oft die Farbe Rot eine Rolle und signalisisiert Gefahr. Beispielsweise ist der russische Helikopter zu Beginn leuchtend rot, oder auch May Days Kostüm bei ihrer Einführung während des Pferderennens oder der Wagen der Killergirls an der Tankstelle.
Mehr sehr interessante und mit Liebe zum Detail herausgearbeitete, positive Aspekte des Films findet man - wenn man will - in dem Buch JamesBond in our Sights, das ich hier bereits ausführlicher besprochen hatte.