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Sterben Sie wohl, Mr. Bond

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Während es in den vergangenen Monaten und sogar Jahren wenig bis gar keine offiziellen Informationen über den neuen Bondfilm gab, ist nach dem Ausstieg von Regisseur Danny Boyle gerade nichts älter als das Gerücht von gestern. Pressemeldungen überschlagen sich mit Spekulationen über die Hintergründe und Auswirkungen, und widersprechen sich teilweise diametral. Offiziell werden nur "kreative Differenzen" als Grund für Boyles Ausstieg angegeben. Inoffiziell reichen die Spekulationen von der Besetzung des russischen Gegenspielers mit dem Polen Tomasz Kot bis hin zu einem geplanten Tod von Bond am Ende der Geschichte von Bond 25. Aber wie wahrscheinlich ist es, dass man Bond am Ende von Craigs finalem Film wirklich sterben lassen will?




Zum einen bekundete Daniel Craig Interesse an einem Abschied von der Figur Bond im Stile der ungewöhnlich düsteren Marvel-Produktion LOGAN, in der der beinahe unsterbliche Superheld Wolverine am Ende stirbt und das Zepter an eine neue Generation weitergibt. Auf jeden Fall scheint Craigs Bestreben zu sein, nicht in gewöhnlichen Bondfilmen nach der üblichen, etablierten 'Bondformel' mitzuwirken. Insofern wäre es die logische Konsequenz seiner Ära. Wenn man Bonds Anfänge gezeigt hat, und etabliert hat, dass er altert, warum dann nicht auch sein Ende zeigen?

Die Bondreihe verfügt über eine sehr eigene, teilweise paradoxe Art von Kontinuität, die man fast als dialektisch bezeichnen könnte. Auf der einen Seite ist allen Zuschauern klar, dass Bond trotz aller Veränderungen immer Bond bleibt und '007 James Bond' nicht nur ein Deckname ist, der von verschiedenen Agenten benutzt wurde. Es gibt deutliche Anspielungen auf frühere Filme, aber trotzdem funktioniert jeder Film nur vollständig als für sich alleinstehende Geschichte. Die Filme wurden für ein Publikum geschaffen, das die Filme hin und wieder mal im Kino oder im Fernsehen anschaut und sich nur sporadisch an die anderen Teile erinnert, sie aber in der Regel nicht am Stück als Marathon 'binge watcht', wie es im Bluray- und Netflix-Zeitalter die Regel ist. In der heutigen Zeit, in der Filme und Serienfolgen jederzeit verfügbar sind, ergibt eine strenge Kontinuität auch in Film-Franchises wesentlich mehr Sinn.

Diese sehr lose und teils paradoxe Verbindung zwischen den einzelnen Bondfilmen könnte man natürlich rein theoretisch auf die Spitze treiben und Bond sterben lassen, und den nächsten Film dann einfach wieder für sich selbst stehen lassen. Eine denkbare Lösung wäre sogar, Bond 25 einfach in einer nahen Zukunft anzusiedeln, die dann in einer retroaktiven Kontinuität immer in der Zukunft bleibt. Ebenso wie auch viele Science-Fiction-Filme gefühlt immer in der Zukunft à la 'In ein paar Jahren von heute an' angesiedelt sind. Damit würde auch für nachfolgende Darsteller der gezeigte Tod von Bond immer in der nahen Zukunft liegen, und sie könnten sogar denselben Bond darstellen, der am Anfang seiner Karriere Vesper Lynd kennengelernt und verloren hat.

Andere Franchises haben ein derartiges Konzept bereits erfolgreich umgesetzt. Der Film MR. HOLMES beispielsweise zeigt einen betagten Sherlock Holmes und führt weitere Abenteuer mit einem im 19. Jahrhhundert angesiedelten Holmes keinesfalls ad absurdum. Auch die Zeichentrickserie BATMANOF THE FUTURE zeigt einen gealterten Batman, der sich zur Ruhe setzen musste, und spielt in einer Zeit, die immer 'die nahe Zukunft' bleiben wird. Winnetou starb sogar im siebten Teil der deutschen Karl-May-Verfilmungen, um danach in noch in vier Filmen quicklebendig wieder aufzutauchen, die zeitlich einfach davor angesiedelt sind. Captain Kirk ist ebenfalls noch im Kino aktiv, obwohl er in GENERATIONS bereits 1993 auf der Leinwand das Zeitliche segnete. Und auch LOGAN spielt im Jahr 2029 und macht damit weitere Wolverine-Filme zumindest theoretisch nicht unmöglich.

Neben der Frage, ob es möglich ist, stellt sich natürlich auch die Frage, ob es sinnvoll ist. Wie bereits geschrieben, wäre es rein innerhalb der Craig-Ära durchaus konsequent. Meine persönliche Meinung ist jedoch, dass es die Figur James Bond nachhaltig beschädigen würde, auch wenn man danach so tun würde, als ob nichts gewesen sei. Auch wenn Bond innerhalb der einzelnen Filme als sterblich erscheint - immerhin ist er in DIE ANOTHER DAY und CASINO ROYALE bereits an Herzversagen gestorben und war für einen Moment tot - liegt die Faszination doch darin, dass er anders als wir alle immer wieder kommt und dem Zeitlichen ein Schnippchen schlagen kann. (Das Franchise mit Bond 25 zu beenden ist selbstredend erst recht keine Option, auch wenn viele Feuilleton-Schreiberlinge das wohl feiern würden.)

Außerdem hat die Bereitschaft des Publikums, beide Augen zuzudrücken, irgendwo auch Grenzen. Bei vielen Zuschauern tauchte beispielsweise bereits nach CASINO ROYALE die Frage auf, warum jetzt nicht DR. NO und die folgenden Bondfilme remaked werden, wo doch Bonds Anfänge gezeigt wurden.

Falls Daniel Craig tatsächlich in seinem Abschiedsfilm Bond sterben lassen will, wirkt das auf mich auch ziemlich egomanisch. Seine persönlichen Reviermarken als Schauspieler wären ihm dann wichtiger als das gesamte Franchise. Einem Sir Roger Moore wäre es wohl im Traum nicht in den Sinn gekommen, seinen Bond sterben zu lassen, nur damit ihm Kritiker wohlwollend auf die Schulter klopfen.

Aber all das gilt natürlich nur für den Fall wenn. Im Idealfall ist es eine der üblichen Absurditäten der britischen Yellow Press. Wesentlich wahrscheinlicher erscheint mir, dass es tatsächlich um die Personalie Tomasz Kot ging, der von einigen Autoren als "left-field decision" für einen Bondgegenspieler gesehen wird. Auch Bondveteran Jonathan Pryce (TOMORROW NEVER DIES) ist der Meinung, dass Boyle 'too socialist' für Bond war. Immerhin ist James Bond trotz aller Zugeständnisse an den Zeitgeist immer noch ein eher konservatives Franchise. Das hat SKYFALL auf eine reizvolle und durchaus mutige Weise herausgestellt.

The only question remains - wie Le Chiffre sagen würde - wie es mit James Bond weitergeht. Weiter mit der ominösen Idee von Boyle und Hodge auch ohne den beiden, zurück zum Entwurf von Purvis und Wade - oder vielleicht sogar eine Synthese aus beiden - oder ein kompletter Neubeginn und eine Rückkehr an die Schreibmaschine mit einem ganz neuen Autor? In letzterem Fall würde 007 wohl erstmal wieder für ein paar Jahre untertauchen und erst mit einem neuen Gesicht wieder erscheinen. Aber ganz ehrlich: Falls uns dadurch erspart bleiben würde, dass Craig die Doppelnull killt, wäre mir das die längere Wartezeit wert.

Mord unter'm Mangobaum

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                                                         "Underneath the Mango Tree
                                                 Me honey and me make boolooloop soon."
                                                                                   (Under the Mango Tree, Diana Coupland)

Bond-Marathon #001: DR. NO (1962)

Nach der TV-Verfilmung von Casino Royale geht es nun endlich richtig los mit dem Marathon durch die Bondgeschichte, mit DR. NO (James Bond 007 jagt Dr. No) aus dem Jahr 1962. Zum Film und den zeitgeschichtlichen Hintergründen hatte ich mich bereits hier schon einmal ausgelassen. Für diesen Marathon habe ich mir ein spezielles Bewertungssystem erstellt, das ich an jeden Film anlege und dadurch zu einer hoffentlich weniger subjektiven Bewertung komme, als das normalerweise der Fall ist. Es orientiert sich an der gymnasialen 15-Punkte-Bewertung. Zum Teil habe ich die Filme jetzt seit ungefähr zwei Jahren nicht mehr gesehen und freue mich sehr darauf. Ich sehe sie auf Bluray und im Originalton.




Dr. No kulinarisch

Obwohl im Film gespeist wird, ist nicht genau erkennbar, um was es sich dabei handelt. Im Restaurant von Pussfeller meint Bond zum Wirt, dass er hoffentlich besser kochen als kämpfen kann. Das scheinen Bond, Felix Leiter und Quarrel auch auszuprobieren, aber man erkennt nicht, womit Pussfeller seine Ehre verteidigt. Auch später beim Dinner mit Dr. No kommt nicht mehr auf den Teller als ein paar Weintrauben. Bond hat wohl aus diesem Fehler, mit leeren Magen in den finalen Kampf zu gehen, gelernt, und so fallen spätere Dinner mit Gegenspielern etwas gehaltvoller aus.

In Bezug auf Spirituousen gibt es hier natürlich den in allen Filmen präsenten Champagner. Hier ein '55er Dom Pérignon, wobei Bond den '53er bevorzugt. Klar, denn aus diesem Jahr stammt der erste Bondroman Casino Royale. Für einen Bluray-Abend ist so eine Flasche aber dann doch etwas preis-intensiv. Günstiger ist da schon der trockene Martini, den sich Bond in seinem Hotel in Jamaika zubereiten lässt, mit Martini, Smirnoff Vodka und einer Scheibe Limone. Auch Miss Taro hat später natürlich eine Flasche Smirnoff in ihrem Apartment stehen, wie es sich für Frauen von Welt gehört.

Das berühmte jamaikanische Bier Red Stripe ist vor allem in Pussfellers Restaurant präsent. Obwohl Bond es auf der Leinwand nicht trinkt, hat es doch literarische Tradition. Im Roman The Man With The Golden Gun trinkt Bond im Dreamland Café ein Red Stripe, während er auf Scaramanga wartet. Berühmt wurde ein Foto von den Dreharbeiten zu DR. NO, das Sean Connery schlafend inmitten leerer Red-Stripe-Flaschen zeigt. Auch Ian Fleming trank dieses Bier bei seinen Goldeneye-Aufenthalten sehr gern.

Im Vorfeld: Auf welche Elemente freue ich mich? Auf welche nicht? 
Dazu zählt ganz klar die klassische Atmosphäre, die noch sehr stark den Geist der Roman-Vorlage atmet. Männer mit Anzügen, Hornbrillen und Kopfhörern, die im Londoner Hauptquartier sitzen und den Äther rund um die Erde abhören, Sekretärinnen, die Aktenstapel herumtragen und natürlichen die allgegenwärtige atomare Gefahr. Dazu Jamaika, die klassisch-kultigen Ersten Male in der Bondgeschichte, Ken Adams hier schon phänomenale Kulissen und die ernsthaft und nüchtern vorwärtsstrebende Geschichte.

Weniger Vorfreude lösen einige Längen in der Story aus, die teilweise noch etwas zu nüchtern und schnörkellos wirken.

Wie ist das Verhältnis von positiven zu eher negativen Elementen unmittelbar nach dem Film?
Besser als befürchtet! Vor allem auf Bluray gibt es immer wieder neue Details zu entdecken. So ist mir beispielsweise noch nie aufgefallen, dass man in der blauen Fläche über der vergitterten Luke im Tarantelraum eine Kante sieht, und es dadurch nicht mehr wie blauer Himmel wirkt. Durch Connerys Spiel, die fast eins zu eins aus dem Roman übernommene Geschichte und das kultige Ambiente macht der Film einfach Spaß.

Die Längen sind allerdings trotzdem immer wieder spürbar. Vor allem zwischen Bonds Treffen auf Honey Ryder und dem Betreten von Dr. Nos Hauptquartier verliert der Film etwas an Tempo. Das liegt zum Teil wohl auch noch an der noch eher sparsamen musikalischen Untermalung.

Bewertungen:

Einführungssequenz / Vortitelsequenz: 9/15
Titelmusik: 9/15
Titelanimation: 9/15
Symbiose aus Musik und Animation: 8/15

Von einer Vortitelsequenz kann man hier noch nicht sprechen. Aber durch den Überraschungsmoment mit den drei blinden Männern und die kaltblütigen Morde hat die Eröffnungsszene Spannung und einen gewissen Schockmoment, und macht Lust auf den Film.
Die Titelanimation mit der Gunbarrel und den Punkten ist ikonisch. Was mich allerdings immer ein bisschen irritiert hat, ist die Aufteilung in drei verschiedene Musik- und Animationsstile.

Einführungsszene von Bond: 15/15
Einführungsszene des Haupt-Bondgirls: 15/15
Einführungsszene des Gegenspielers: 13/15
Einführungsszene des Haupt-Henchman: 8/15

Die ersten drei Introduktionsszenen sind an Ikonographie und Coolness kaum zu überbieten. Der Auftritt von Honey kommt recht spät im Film, dafür aber mit Ausrufezeichen. Als zentralen Helfer des Bösen kann man hier wohl am ehesten Professor Dent bezeichnen. Wirklich ikonisch und historisch wird es bei dem Punkt erst mit dem nächsten Film.

Darstellung von James Bond: 15/15
Gibt es Szenen, in denen Bond weniger sympathisch erscheint? Im Zusammenspiel mit Quarrel wirkt sein Ton etwas herrisch und herablassend.
Darstellung des Gegenspielers: 12/15
Joseph Wiseman spielt sehr gut und wird innerhalb der Serie leider immer etwas übersehen. Auf Bluray fallen seine nicht ganz perfekt aufgeklebten Augen-Applikationen auf, die ihn orientalisch aussehen lassen sollen. Trotzdem insgesamt sehr sinister und kultiviert. Ssssssspectre!
Henchman: 9/15
Der hitchcock-erprobte Anthony Dawson ist sehenswert und solide, wirkt aber auch nie wie ein wirklich herausfordernder Gegner für Bond.
Bondgirl: 11/15
Abgesehen von der filmhistorisch natürlich herausragenden Bedeutung hat mich Honey Ryder jetzt nie soo sehr angemacht.

Briefing-Szene: 15/15
Moneypenny-Szene: 14/15
Q-Szene: 8/15

Dramaturgische Struktur

Ist das auslösende Ereignis stark und interessant genug? 12/15
Hält der Film durchgehend eine gewisse Grundspannung aufrecht? 6/15
Finale allgemein: 11/15
Gibt es eine Steigerung des Sensationswertes bis hin zum Finale, das alles andere überschattet?
13/15
Endkampf Bond - Henchman: 15/15
Hier die berühmte Szene mit Dent. And you've had your six.
Endkampf Bond - Schurke: 13/15
Bond und No auf dem sich absenkenden Reaktor ist für den Anfang schon sehr cool.
Wirkt die Auflösung nach dem Finale befriedigend? 12/15
Ist Bonds ermittlerische Vorgehensweise glaubwürdig und zielführend? 14/15
In fast schon klassischer Weise. Wobei der Film auch ein sehr klassisches Strickmuster verwendet, das ich in Anlehnung an Jules Vernes Reise zum Mittelpunkt der Erde immer Arne-Saknussemm-Prinzip nenne. Ein Vorgänger des Helden hat es fast bis zum Ziel geschafft, bevor er umgekommen ist, und hat sozusagen Wegmarken hinterlassen. Das schafft zum einen ein Muster, dem der Held folgen kann, und liefert gleichzeitig einen großen Spannungsmoment gegen Ende, wenn der Held die Schwelle passiert, die seinem Vorgänger zum Verhängnis wurde.
Dr.-No-Wiedergänger LIVEAND LET DIE benutzt dieses Prinzip ebenfalls und gleich in dreifacher Ausführung, ebenso OCTOPUSSY.

Allgemein

Bond-Feeling: 11/15
Fleming-Feeling: 15/15
Humor: 10/15
Spannung: 9/15
Logik/Schlüssigkeit der Story: 9/15
Punkt-Abzüge gibt es hier vor allem bei No's Plan, mit Atomenergie irgendwie Weltraumraketen zu manipulieren. Auch der von Bond ausgelöste GAU ist nicht so ganz schlüssig. No's Mord an einem MI6-Agenten, der weder als Unfall noch als Durchbrennen getarnt ist, ist jetzt auch nicht so überlegen genial. Die entsprechenden Akten hätte auch Miss Taro verschwinden lassen können.

Produktions-Design: 15/15
Die gesamten Interieurs von Dr. No's Anlage finde ich immer wieder faszinierend und herausragend.
Spezialeffekte: 8/15
Stunts: 10/15
Bildgestaltung: 12/15

Musik

Monty Normans Score ist am Beginn der Reihe natürlich noch nicht so ausgereift, und schwer mit dem später etablierten Sound zu vergleichen. Aber ich mag Stücke wie Dr. No's Fantasy. Der Calypso Under the Mango Tree passt perfekt zum karibischen Ambiente, und vor allem zur ersten Begegnung mit Honey unter den schattigen Bäumen der Insel.

Allgemein: 8/15


Fazit - Gewonnen oder verloren?

In der Bestenliste gefühlt ein paar Positionen aufgestiegen. Wie in keinem anderen Bondfilm hat man hier fast eins zu eins die Atmosphäre von Flemings Romanen. Natürlich auch hier schon mit kleinen filmischen Anpassungen, die aber vergleichsweise gering ausfallen. Das hier ist wirklich noch Bond pur, unplugged und ohne industrielle Geschmacksverstärker.

Ein Reiz des Films ist natürlich die im Hintergrund dokumentierte Atmosphäre der Welt Anfang der Sechziger, die aus heutiger Sicht zu einem nostalgisch verklärten Lächeln einlädt. Aber wenn man die Patina beiseite wischt, ist DR. NO ein für die Zeit erstaunlich hartgekochter Thriller. Der kaltblütige Mord an Strangways und vor allem seiner Sekretärin am Anfang sowie die berühmte Szene, in der Bond dem bereist wehrlosen Dent in den Rücken schießt, wirken auch heute noch. Solche Szenen kannte man bis dato nur aus den B-Produktionen der Schwarzen Serie, nicht aus einem Hochglanz-A-Picture. Sie machen den Film auch heute noch sehenswert und spannend. Der Film selbst ironisiert diesen Kontrast oft, beispielsweise wenn der putzige Three-Blind-Mice-Calypso die drei Killer einführt.

Gefühlt: 11/15
Errechnet: 11,09/15

Also 75 % und eine runde 2 mit leichter Tendenz zur 2+: Die Leistungen entsprechen den Anforderungen voll.




Regisseur und neuer Starttermin für BOND 25!

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Schwarzer Rauch aus dem Hause EON! Nach dem Ausstieg von Danny Boyle ist das Spekulieren nun endlich vorbei: EON Productions gibt heute bekannt, dass der US-amerikanische Regisseur und Drehbuchautor Cary Jogi Fukunaga die Regie des neuen James-Bond-Abenteuers übernehmen wird. Die Dreharbeiten beginnen am 4. März 2019, und der Film soll am 14. Februar 2020 in die Kinos kommen. Ein Datum mit einem doppelten Novum: seit GOLDENEYE 1995 war jeder Bondfilm im Herbst oder Winter gestartet, und es gab noch nie einen Film mit einer runden Jahreszahl.

Fukunaga führte Regie bei SIN NOMBRE (2009), JANE EYRE (2011), der ersten Staffel von True Detective (2014) sowie dem mehrfach ausgezeichneten BEASTSOFNO NATION (2015) mit Idris Elba. Zu letzterem verfasste er auch das Drehbuch.


Bonds Merchandising-Dilemma

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Häufig ertappe ich mich dabei, in Elektronik- und Supermärkten, Gamerläden oder auch Spielwarengeschäften nach Film-Merchandising-Artikeln zu suchen. Zu Bond findet man dabei fast nie etwas. Selbst für DREI HASELNÜSSEFÜR ASCHENBRÖDEL, einer 45 Jahre alten Defa-Produktion, gibt es in Richtung Weihnachtszeit mehr Artikel als welche mit einem wie auch immer gearteten 007-Bezug. In der Konsumwelt findet James Bond praktisch nicht statt, mit der einzigen Ausnahmen von Parfüms.

Blogbuster veröffentlichte hier eine Infografik zu den verschiedenen Einnahmequellen des Star-Wars-Franchise. Neben Computerspielen - die in letzter Zeit bei Bond auch in extremer Weise vernachlässigt werden - machen Spielzeuge mit Abstand den Löwenanteil aus. Bond hätte auf diesem Sektor auch ein enormes Potential, das man ebenso brachliegen lässt wie die Spiele.




Nun könnte man natürlich einwenden, dass der letzte Bondfilm Jahre her ist und der nächste noch Jahre hin, was auch auf die immer größer werdende Behäbigkeit und Unbeweglichkeit der Produzenten zurückzuführen ist. Andererseits lagen auch viele Jahre zwischen der alten Star-Wars-Trilogie und Lucas' Neubelebung Ende der 1990er, und trotzdem wurde das Merchandising in dieser Zeit konstant gepflegt und aufrecht erhalten.

Wenn es bei Bond neue Artikel gibt, richten sie sich vorrangig an Menschen weit jenseits der Pubertät. Selbst wenn es Spielzeug ist, wie der Aston Martin von Lego. Gerade auf dem Spielzeug-Sektor war Bond aber lange Zeit führend und innovativ. Ich bin der Überzeugung, dass man da auch heute noch wesentlich mehr erreichen würde, wenn man sich nur Mühe geben würde.

Aber hier zeigt sich auch ein internes Dilemma des Bond-Franchises. Bei Star Wars ist die Attraktivität für Kinder - vor allem Jungen - praktisch Teil der DNA. Auch ernstere und düstere Beiträge haben da noch genügend Verspieltheit. Bei Bond hat das Verspielte dagegen immer etwas Anrüchiges und Minderwertiges. Und das, obwohl bei den meisten Fans selbst die Faszination im Kindes- und Jugendalter begann.

Bondfilme mit einer Attraktivität auch für Kinder und Jugendliche sind selten geworden. Und wenn man sich doch mal wieder in diese Richtung wagt - wie mit DIE ANOTHER DAY oder SPECTRE - lässt sich merchandising-technisch eher weniger daraus machen. Was man dabei aus den Augen verliert, ist eine neue Generation von Fans. In den 1990ern generierte sich beispielsweise eine ganze Generation von Fans durch GOLDENEYE und vor allem das entsprechende, legendäre Computerspiel. Die Craigfilme bedienen dagegen nur noch Erwachsene mittleren Alters. EON konzentriert sich auf das Bewahren der Asche, statt auf das Weitergeben des Feuers.

Merchandising kann clever sein und muss nicht nerven - wie es leider im Fall von Star Wars mittlerweile der Fall ist, wo man von Toilettenpapier bis zu Fußpilzsalbe praktisch mit dem Thema erschlagen wird. Wenn man wenigstens mal ein paar Hot-Wheels-Autos sehen würde, wie es sie zu Batman, FASTANDTHE FURIOUS etc. pp. gibt.

Wie seht ihr das? Könnte man da mehr machen, oder reicht wie üblich alle vier bis sechs Jahre ein Film, zu dem es dann ein paar Heineken-Büchsen und Rasierer gibt? Ich bin gespannt!

Schachmatt in einem Zug

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                                                 "I've seen places, faces,
                                                 And smiled for a moment."
                                                                      (From Russia With Love, Matt Monro)


Bond-Marathon #002: FROM RUSSIA WITH LOVE (1963)

'Liebesgrüße aus Moskau' grüne Feigen, weißer Joghurt, RakiNach der Besprechung zu DR. NO geht es nun endlich weiter mit FROM RUSSIA WITH LOVE (Liebegrüße aus Moskau) von 1963 - in diesem Jahr immerhin 55 Jahre alt. Zum Film hatte ich anlässlich des goldenen Jubiläums vor 5 Jahren schon mal eine Besprechung veröffentlicht. Auch diesen Film habe ich auf Bluray im Originalton angeschaut und werde ihn nach einer 15-Punkte-Bewertungsskala einordnen. Zwei Bewertungs-Elemente habe ich noch hinzugenommen: Drehorte und Helfer.




FROM RUSSIA WITH LOVE kulinarisch

Eine der kulinarisch berühmtesten Szenen gibt es hier. "Ein Engländer trinkt nie roten Wein zum Fisch, das hätte mir eine Warnung sein müssen." Es sind Dinge wie diese, die Bond von jedem anderen Actionhelden abheben. Auch sonst ist Liebesgrüße eins der reizvollsten Bondabenteuer für den Gaumen, sowohl als Buch wie als Film. Schon auf dem Flug nach Istanbul gönnt sich Bond mehrere Americanos, um sein ganz mieses Gefühl bei dieser Sache zu betäuben.

007 Doener KebapIn der Bosporus-Metropole ordert er dann "Grüne Feigen, weißen Joghurt, schwarzen Kaffee". Sowohl geschmacklich wie farblich eine interessante Kombination, auch wenn der türkische Joghurt im Roman eher tiefgelb ist. Hierfür habe ich Kürfez Yogurt aus dem Supermarkt verwendet, der im Vergleich zum herkömmlichen Joghurt angenehm wenig süß und chemisch schmeckt. Dazu Kaktusfeigen.

Später mit Kerim Bey gibt es Raki, ein aus Weintrauben oder Rosinen gebrannter Anisée - 'filthy stuff', mit dem man es nicht übertreiben sollte.

Und im Buch dann sogar etwas so profanes wie Döner Kebap. Allerdings dann doch nicht das Zeug, das man an jeder Straßenecke bekommt: Sehr junges Lamm, über Holzkohle gegrillt, mit Reis und vielen Zwiebeln gefüllt. Zugunsten des Lammes - dem ich es sehr gut nachfühlen kann, nicht aufgespießt werden zu wollen - habe ich hierfür eine vegetarische Alternative verwendet.


Im Vorfeld: Auf welche Elemente freue ich mich? Auf welche nicht? 
Beim Titel 'Liebesgrüße aus Moskau' habe ich als erstes die Montage der rasenden Zugräder mit der Landkarte im Sinn, zusammen mit John Barrys vorwärtstreibender Musik. Diese Thriller-Atmosphäre, die unaufhaltsam auf die Konfrontation Bond-Grant zustrebt, ist immer wieder grandios!

Was ich immer etwas weniger gelungen fand ist, dass nach diesem phänomenalen Duell im Zug noch zwei Actionszenen angehangen werden, die diese Intensität nicht mehr erreichen. Dann kommt der oft vorherrschende eher düstere und ernste Ton hinzu, der nicht ganz so viel Spaß macht wie spätere Bondwerke.

Wie ist das Verhältnis von positiven zu eher negativen Elementen unmittelbar nach dem Film?
Das Gute fasziniert wesentlich mehr als das weniger Gute auffällt. Wie es sich für einen Klassiker gehört. Im Fazit mehr dazu.


Bewertungen:

Einführungssequenz / Vortitelsequenz: 11/15
Titelmusik: 12/15
Titelanimation: 13/15
Symbiose aus Musik und Animation: 13/15

Die erste richtige Vortitelsequenz der Bondgeschichte. Noch eher schlicht, aber doch wirksam und gut inszeniert. Wobei ich sagen muss, dass ich die Idee mit der Gummimaske etwas zu konstruiert finde. Welchen Mehrwert sollte die bei einer Übung bringen?

Das Motiv des scheinbaren oder stellvertretenden Todes von Bond wurde später noch sehr oft in Teasern aufgegriffen.

Einführungsszene von Bond: 12/15
Einführungsszene des Haupt-Bondgirls: 11/15
Einführungsszene des Gegenspielers: 13/15
Einführungsszene des Haupt-Henchman: 14/15

Hier kann man sich natürlich streiten, ob Bond nicht bereits in der Vortitelsequenz eingeführt wird, denn er wird ja hier schon von Sean Connery verkörpert. Seine erste Szene als echter Bond ist dagegen eher unspektakulär, was aber natürlich zur Story passt. Er soll angesichts der Verschwörung möglichst entspannt und nichtsahnend erscheinen. Ihn in seinem Alltag mit Freundin zu sehen hat sogar einen gewissen Reiz.

Auch Donald 'Red' Grant wird sehr sorgfältig eingeführt und aufgebaut. Beim Haupt-Gegenspieler kann man sich natürlich streiten, da Blofeld völlig im Hintergrund bleibt. Insofern könnte man Klebb hier als Hauptgegner sehen.

Darstellung von James Bond: 15/15
Noch vor GOLDFINGER für mich Connerys beste Leistung als James Bond.
Gibt es Szenen, in denen Bond weniger sympathisch erscheint? Hier ist mir in diesem Film nichts aufgefallen.
Darstellung des Gegenspielers: 11/15
Hier sehe ich wie gesagt eher Klebb als Blofeld.
Henchman: 15/15
Robert Shaw ist höchst-wahrscheinlich der beste Henchman der gesamten Reihe. Ein Großteil von allem, was nach ihm kam, war mehr oder weniger gelungene Kopie.
Bondgirl: 12/15
Die ehemalige Miss Rom Daniela Bianchi steht in der Tradition von Bondgirls, deren Hauptaufgabe es war, gut auszusehen. Da Tanya im Film selbst aber auch hauptsächlich nach Aussehen für den Auftrag ausgewählt wird und nur eine Figur im großen Spiel ist, wirkt das hier ganz stimmig. (Man könnte dem Film hier sogar - vor allem in der Szene zwischen Tanya und Klebb - eine gewisse ironische Selbstreflektion in Bezug auf den Castingprozess der Bondgirls attestieren.)
Helfer: 14/15
Kerim Bey ist ähnlich wie Red Grant schwer zu übertreffen.

Briefing-Szene: 13/15
Moneypenny-Szene: 14/15
Q-Szene: 13/15
Erster Auftritt des echten Q. Noch etwas sachlich, aber schon Kult.

Dramaturgische Struktur

Ist das auslösende Ereignis stark und interessant genug? 14/15
Man erfährt nur, dass es ein Plan ist, Bond zu töten und den MI6 zu demütigen, aber dadurch wird sehr wirksam Spannung aufgebaut.
Hält der Film durchgehend eine gewisse Grundspannung aufrecht? 14/15
Finale allgemein: 13/15
Wenn man den Kampf im Zug nimmt, wäre es eine klare 15, aber durch die Hubschrauber- und Boots-Action wirkt es auf mich etwas episodenhaft.
Gibt es eine Steigerung des Sensationswertes bis hin zum Finale, das alles andere überschattet?
13/15
Endkampf Bond - Henchman: 15/15
Perfekt. Mehr geht nicht.
Endkampf Bond - Schurke: 14/15
Der berühmte Giftschuh-Tanz. Ikonisch.
Wirkt die Auflösung nach dem Finale befriedigend? 14/15
Ist Bonds ermittlerische Vorgehensweise glaubwürdig und zielführend? 13/15
Das ist bei diesem Film nicht so leicht zu beurteilen, denn Bonds Auftrag besteht ja hauptsächlich darin, dem Honigtopf scheinbar auf den Leim zu gehen, in der Hoffnung, die Hintermänner zu entlarven oder zumindest die Lector zu bekommen.

Allgemein

Bond-Feeling: 13/15
Fleming-Feeling: 14/15
Humor: 11/15
Spannung: 14/15
Logik/Schlüssigkeit der Story: 14/15
Im Rahmen der Bondfilme kann ich hier guten Gewissens 14 Punkte vergeben. Der Plan von SPECTRE ist insgesamt realistisch und gut ausgeführt. Im Gegensatz zu anderen eher realistisch und geerdet daherkommenden Schurkenplots leidet hier auch nicht im Geringsten die Spannung darunter.

Produktions-Design: 13/15
Verglichen mit DR. NO oder GOLDFINGER gibt es hier nicht diese krass herausstechenden Kulissen, aber Syd Cain leistet trotzdem eine sehr gute Arbeit. Erwähnt sei hier beispielsweise nur die Austragungsstätte des Schachturniers.
Spezialeffekte: 8/15
Stunts: 13/15
Hier ragt natürlich der Zugkampf heraus, aber auch die Szenen auf den brennenden Booten gegen Ende.
Bildgestaltung: 14/15

Drehorte: 13/15
Yerebatan-Zisterne (wikipedia)
Wie schon bei DR. NO sind die Drehorte allein schon wegen der Atmosphäre der Früh-Sechziger sehenswert. Istanbul ist dazu noch eine der interessantesten und geschichtsträchtigsten Städte der Welt. Die Szenen in der Hagia Sophia, der Cisterna Basilica oder auch im etwas höher gelegene Büro von Rosa Klebb sind faszinierend.
Venedig besteht dagegen hauptsächlich aus mäßigen Rückprojektionen oder gemalten Ansichten vor den Fenstern des Hotelzimmers (was auf Bluray noch stärker auffällt).
Lokalkolorit: 14/15
Hier sind die Sechziger-Bonds schwer zu übertreffen. Die Darstellung der 'gipsy culture' kann man natürlich klischeehaft sehen, und daher mit all den schicken, modernen -Ismen behaften. Nichtsdestotrotz finde ich sie sehr respekt- und liebevoll, und ich denke, darauf kommt es an.
Kombination: 14/15
Istanbul und Venedig sind als Kombination an sich sehr stimmig, zumal es durch die Zisterne das verbindende Element der Bootsfahrt gibt. Auch die Schauplätze der finalen Verfolgungsjagden funktionieren.

Musik

John Barrys erste eigenständige Arbeit für einen Bondfilm ist bereits so beeindruckend, dass die Verpflichtung für ein Dutzend zukünftiger Bondfilme schon ab hier wenig überraschend wirkt. Ein großer Teil der romantischen und spannungsgeladenen Atmosphäre des Films ist der Musik geschuldet.

Als wollte er im Urheberstreit um das Bondthema nochmal ein Ausrufezeichen setzen, schuf Barry mit dem 007-Theme ein alternatives Bondthema, das ich in all seinen Variationen liebe! Man kann es treibend schnell spielen, wie hier, oder auch eher langsam und majestätisch wie in MOONRAKER. Im Gegensatz zum offiziellen Bondtheme klingt es weniger gefährlich, eher schwelgerisch-positiv und abenteuerlich. Man hörte es in vier Bondfilmen noch einmal - Und seitdem leider nie wieder.

Titelsong: 8/15
Matt Monros Interpretation steht in der Tradition damaliger Titelsongs, wie beispielsweise Luis Bacalovs Django. In diesem Sinne ist sie solide und ich mag sie, sie setzt aber auch keine echten Akzente. In der instrumentalen Version gefällt es mir fast besser.

Allgemein: 14/15


Fazit - Gewonnen oder verloren?
Leicht gewonnen. Nur leicht deshalb, weil ich ihn eh schon als sehr gut ansehe. Der Film ist unheimlich gut aufgebaut und inszeniert, mit teilweise wunderbaren kleinen Einfällen, wie das genau vor der Zugtür haltende Schild von Zagreb oder die Zuggeräusche, die den ersten Wortwechsel zwischen Bond und Grant übertönen. Diese Bahnromantik und die genüsslich aufgebaute Falle sind absolut einmalig.

Aber wie oben schon angesprochen ist nach dem grandiosen Zugkampf ein bisschen die Luft raus, und anders als im Buch muss hier noch etwas Action zelebriert werden. Die Sequenz mit dem Hubschrauber ist dabei auch mehr als offensichtlich an NORTH BY NORTHWEST angelehnt. Ich fand immer, der Film macht sich dadurch als "Wannabe-Hitchcock" kleiner als er ist, denn er ist wirklich meisterhaft inszeniert. Und ich muss auch zugeben, dass mich Rosa Klebb diesmal als Schurkin nicht in gleicher Weise überzeugt hat wie etwa Goldfinger, Dr. No oder OHMSS-Blofeld.

Aber das ist natürlich Jammern auf sehr hohem Niveau. Im Gesamteindruck ein faszinierender Film, der für mich immer wieder dadurch gewinnt, dass er sich selbst ernst nimmt und auf seine Dramaturgie und seine Darsteller vertraut. Terence Young war für mich am stärksten, als er noch nicht das von Guy Hamilton etablierte selbstironische Spektakel einbauen musste.

Gefühlt: 13/15
Errechnet: 12,97/15

Also 85 % und eine 1-: Die Leistungen entsprechen den Anforderungen in besonderem Maße.


James Bond will return in

GOLDFINGER


Neues zu Besetzung und Drehorten

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Lea Seydoux in Cannes 2016
Bond 25 wird offenbar nicht nur den mit CASINO ROYALE begonnenen Handlungsbogen der bisherigen Craig-Ära fortführen, sondern auch direkt an SPECTRE anknüpfen. Laut Daily-Mail-Journalist Baz Bamigboye, der bisher ein zuverlässiges Insiderwissen bewiesen hat, wird Lea Seydoux wieder in Bond 25 mitwirken. Die 33jährige französische Schauspielerin trat in SPECTRE als Psychologin Dr. Madeleine Swann auf und ging am Ende des Films eine Beziehung mit Bond ein, für die er seinen Job aufgab.

Regisseur Cary Fukunaga verriet zudem, dass er gern wieder mit Christoph Waltz als Blofeld/Oberhauser und Ben Wishaw als Q zusammenarbeiten möchte. Zu besetzende Rollen sind neben einer MI6-Agentin und einer weiteren mysteriösen Dame der obligatorische Bösewicht, für den laut Variety Rami Malek in Betracht gezogen wird, der dieses Jahr sehr erfolgreich in BOHEMIAN RHAPSODY zu sehen war.

NorwayToday berichtet zudem von Norwegen als geplantem Drehort.

Reflektionen in einem doppelten Bourbon

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                                                  "Such a cold finger
                                             beckons you to enter into his web of sins."
                                                                    (Goldfinger, Shirley Bassey)


Bond-Marathon #003: GOLDFINGER (1964)

James Bond 007 - Goldfinger, Mint JulepNach DR. NO und FROM RUSSIA WITH LOVE nun der dritte Connery-Streich GOLDFINGER. Der sicher ikonischste Bondfilm von allen, bei dem praktisch jede Szene und jeder Dialog berühmt geworden ist. Dementsprechend schwierig ist es, sich diesem Werk so unverstellt wie möglich zu nähern und ihm neue Aspekte zu entlocken. Auf dieser Seite hier habe ich noch gar nicht viel zu GOLDFINGER geschrieben. Eine tiefergehende Analyse des Klassikers hatte ich 2014 für das Magazin des James-Bond-Cub Deutschland, gunbarrel, verfasst, das ich nur empfehlen kann.



GOLDFINGER kulinarisch

Ian Fleming - Goldfinger, Reflections in a Double BourbonBereits Ian Flemings Roman beginnt recht spirituell, mit Reflections in a double bourbon: James Bond hatte zwei doppelte Bourbons intus, saß in der Abflughalle des Flughafens von Miami und grübelte über Leben und Tod nach. Den Tötungs-Auftrag an einen mexikanischen Drogendealer, über den er hier grübelt, sieht man im Film natürlich in allen Details. Und anders als im Buch bezeichnet er den Tod des capungo zwar als "shocking", lässt sich davon aber in keinster Weise emotional berühren.

Bereits in dieser kleinen Änderung von Ian Flemings Buchvorlage zeigt sich die endgültige Eigenständigkeit des Film-Bonds, und der Weg, den er in den nächsten 50 Jahren einschlagen wird.

Zum Briefing später im Film serviert M einen seiner besten Cognacs. Meint er zumindest. Bonds unverblümte Taktlosigkeit, die er Frauen und Schurken gegenüber an den Tag legt, macht auch vor seinem Boss nicht Halt: Ich würde sagen, das ist ein 30 Jahre alter, mittelmäßig verschnittener Cognac mit etwas zu viel Bons Bois. (So ein 30 Jahre alter Cognac ist dementsprechend natürlich auch für die Filmsichtung nicht gut genug.)

Auf seinem Gestüt präsentiert Auric Goldfinger sein Hausgetränk: den Mint Julep. Einer der ältesten Cocktails der Welt und das traditionelle Getränk des Kentucky Derby, bestehend aus Minze, Bourbon Whiskey, Crushed Ice und Zuckersirup. Goldfinger hat es nicht nötig, Bond einen Wodka Martini zu kredenzen, sondern präsentiert ihm einfach seinen eigenen 'signature drink'. Ein schönes Charakteristikum dieses wunderbar coolen Schurken.


Im Vorfeld: Auf welche Elemente freue ich mich? Auf welche nicht? 
Da ist an erster Stelle das schauspielerische Duell zwischen Sean Connery und Gert Fröbe, an dem ich mich nie satt sehen kann. Und natürlich der unglaublich pointierte visuelle und sprachliche Ideenreichtum. Das reicht eigentlich schon für die einsame Insel.
Aber ein bisschen steht dem Film manchmal auch sein eigener Kult im Weg. Man kennt vieles noch mehr auswendig als bei anderen Bondfilmen. Nicht zuletzt, weil er auch innerhalb der Serie selbst exzessiv gewürdigt wurde. Auch interpretationstechnisch wurde er so oft behandelt, dass man selten einen wirklich neuen Aspekt ausmacht.

Wie ist das Verhältnis von positiven zu eher negativen Elementen unmittelbar nach dem Film?
Auf den Film hatte ich wegen letzteren Aspekt weniger Lust als auf die beiden Vorgänger, aber er zog mich trotzdem in seinen Bann und ließ mich an all den entsprechenden Stellen schmunzeln. Er funktioniert einfach immer und immer wieder.


Bewertungen:

Einführungssequenz / Vortitelsequenz: 14/15
Titelmusik: 15/15
Zum ersten Mal hört man kein instrumentales Thema, sondern die Stimme des Interpreten. Und was für eine.
Titelanimation: 14/15
Symbiose aus Musik und Animation: 14/15

Einführungsszene von Bond: 14/15
Ikonisch! Wird für mich nur ein wenig getrübt durch diese Ente auf dem Kopf.
Einführungsszene des Haupt-Bondgirls: 14/15
Einführungsszene des Gegenspielers: 14/15
Einführungsszene des Haupt-Henchman: 15/15
Erst als Silhouette, dann in Person, mit einem schlichten metallischen Klingen.



Darstellung von James Bond: 15/15

Gibt es Szenen, in denen Bond weniger sympathisch erscheint? Die berüchtigte Verführung/Nötigung von Pussy ist natürlich streitbar. Allerdings hat mich das insofern nie wirklich gestört, dass sich durch das Spiel und die Neckereien schon vorher eine gewisse Chemie zwischen beiden abzeichnet, und ich den Kuss einfach ebenfalls als eine Art rabiaten Flirt zwischen Profis sehe. Wir sehen hier keine schwache, wehrlose Frau, die alles nach dem Kuss nicht zu verhindern wüsste; außerdem hat Bond sie schon vorher zum Nachdenken gebracht. In dem Punkt ist der Film auch deutlich geschickter als der Roman.
Darstellung des Gegenspielers: 15/15
Bester Bondgegenspieler aller Zeiten, hands down.
Henchman: 15/15
Güteklasse A-A.
Bondgirl: 10/15
Pussy ist als Charakter sehr stark, hat mich aber jetzt nie so sehr vom Hocker gehauen.
Helfer: 4/15
Felix Leiter ist hier mehr Onkel als Bruder vom CIA. Nach dem sehr starken Jack Lord nahm man dem Charakter damit leider nachhaltig seine Relevanz und Stärke. Er war Regisseur Guy Hamilton im Gegensatz zu Terence Young offenbar ziemlich egal, wodurch sich schon die sehr unterschiedliche Herangehensweise beider Regisseure zeigt.

Briefing-Szene: 14/15
Moneypenny-Szene: 13/15
Q-Szene: 15/15
Die Ur-Q-Szene. Während Hamilton zu Felix Leiter nicht viel einfiel, hat er Q im Gegensatz zu Young mit einem genialen und immerwährend funktionierenden Profil ausgestattet. Q's stetige Genervtheit macht aus seinen Szenen wesentlich mehr als sachliche Exposition und verwandelt sie in eigene kleine Gag-Feuerwerke.


Dramaturgische Struktur

Ist das auslösende Ereignis stark und interessant genug?14/15

Als auslösendes Ereignis sehe ich hier die Begegnung mit Goldfinger, die mit dem bizarren Mord an Jill endet. Das trifft Bond auf einer persönlichen Ebene und kratzt empfindlich an seinem Selbstverständnis. Hier wird klar, dass das ein Duell auf Augenhöhe wird, egal worum es am Ende geht.
Hält der Film durchgehend eine gewisse Grundspannung aufrecht?  14/15

Finale allgemein: 15/15
Ähnlich wie bei DR. NO kann ich mich hier nicht an Ken Adams visuellen Einfällen satt sehen. Dazu kommt die clevere Inszenierung und Oddjobs Bedrohlichkeit.
Gibt es eine Steigerung des Sensationswertes bis hin zum Finale, das alles andere überschattet? 15/15

Endkampf Bond - Henchman:15/15

Endkampf Bond - Schurke: 14/15
Kleiner Punktabzug durch die nicht ganz überzeugende Tricktechnik und den Schnitt-Fauxpax mit den gefesselten Piloten.
Wirkt die Auflösung nach dem Finale befriedigend?13/15
Ist Bonds ermittlerische Vorgehensweise glaubwürdig und zielführend? 13/15
Bond ist in dem Film auffallend lange passiv und in Goldfingers Gewalt. Was mich auch nie gestört hat. Trotzdem ist seine Vorgehensweise, die Wache auszutricksen und eine Nachricht mit dem Homer zu verschicken, clever. Das 'Umdrehen' von Pussy wirkt aus heutiger Sicht natürlich etwas fragwürdig.

Allgemein

Bond-Feeling: 15/15
Fleming-Feeling: 12/15
Hier kippt das Verhältnis filmischer Bond zu literarischer Bond erstmals deutlich, und das Filmbond-Feeling definiert sich durch zum Teil klare Abgrenzungen und Eigenheiten.
Dialoge / Humor: 15/15
Spannung: 14/15
Logik/Schlüssigkeit der Story: 11/15
Hier wurde schon Einiges teilweise zu Recht bemängelt, physikalisch wie psychologisch.

Produktions-Design: 15/15
Wie Adam bei Fort Knox die reale Vorlage in einen dezent phantastischen Raum übergehen lässt, ist einfach grandios. Ebenso der Rumpus Room mit seiner Holz-Stein-Thematik.
Spezialeffekte: 9/15
Action / Stunts: 13/15
Bildgestaltung: 15/15

Drehorte: 11/15
Lokalkolorit: 13/15
Kombination: 13/15

Hotel Belvedere, Furka-Pass, Goldfinger-Drehort
Der Autor am Hotel Belvedere 2011
In puncto Locations erreicht der Film für mich ähnlich wie die Darstellung Leiters keine Höchstnoten. Von allen Bondfilmen der 1960er ist GOLDFINGER am wenigsten exotisch. Die Schweiz wirkt auf das europäische Publikum ebenso wenig faszinierend fremdartig wie Kentucky auf das Amerikanische. Viele Schauplätze - wie Golfplatz, Fabrikgelände, Ranch, US-Kleinstadt mit Fast-Food-Restaurant, Schrottplatz - wirken nicht so sehr aus sich selbst heraus, sondern durch die clevere, ideenreiche Handlung. Auch beim Mexiko der Vortitelsequenz beeindrucken eher Ken Adams Innenkulissen.
In ihrer Ländlichkeit passen aber sowohl Schweiz als auch Kentucky zusammen ziemlich gut zur hemdsärmeligen Art von Goldfinger. Und an sich versprühen sie auch passendes und glaubwürdiges Lokalkolorit.


Musik

Die Qualität der Musik ist wie die des ganzen Films so gut, dass sie sich gleich selbst feiert. Der Titelsong ist eine akustische Ikone, und die Instrumentalversion des Liedes ist mein Lieblings-Instrumentalstück des gesamten Franchises. Barry entwickelt eine ebenso schlichte wie wirkungsvolle Klangfolge für Oddjob. Auch die Untermalung der Operation Grand Slam hat etwas triumphierend-stolzes, das sich John Barry im Gegensatz zu vielen anderen Komponisten aber auch leisten konnte.

Titelsong: 15/15

Allgemein: 15/15


Fazit - Gewonnen oder verloren?

Ian Fleming starb während der Dreharbeiten und konnte die Premiere und damit den endgültigen Triumph seiner Schöpfung nicht mehr miterleben. Und ironischerweise wirkt die Schöpfung hier erstmals völlig eigenständig und emanzipiert sich teilweise deutlich von den Intentionen Flemings. Guy Hamiltons Film interessiert sich im Gegensatz zur Interpretation von Terence Young keine Sekunde lang für den ernsthaft ermittelnden, teils hadernden Geheimagenten James Bond, der bei einem doppelten Bourbon seine schmutzige Arbeit reflektiert. Dieser Bond geht wie ein Lötkolben durch Butter.

Bond ist hier erstmals vollständig auf Timing und Effekt ausgerichtetes Spektakel. Für ein ausgiebiges Durchsuchen des Hotelzimmers nach Wanzen, wie es Young mit dem Bondthema im Hintergrund gezeigt hat, ist hier keine Zeit mehr. Dementsprechend macht der Film aber auch immer wieder Spaß.

Punkte, die mir das Filmvergnügen eigentlich wenig trüben - wie etwa der eher mäßig rüberkommende Felix Leiter - hinterlassen rechnerisch natürlich Spuren, so dass die gefühlt runde 14 mit Tendenz zur 15 dann nur eine 13,52 ergibt. 

Gefühlt: 14/15
Errechnet: 13,52/15

Also 85 bis 90 % und Tendenz zur glatten 1: Die Leistungen entsprechen den Anforderungen in besonderem Maße.


James Bond will return in

THUNDERBALL



Ein Quantum Paranoia

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Watergate, Vietnam, die Kennedy-Attentate - Das waren die Hintergründe des Paranoia-Kinos der 1970er. 'Denen da oben' traute man praktisch alles zu, was sich in den Filmen dieser Zeit zum Teil auf sehr phantasievolle und experimentelle Art wieder spiegelt. Vor allem das Attentat an John F. Kennedy in der Elm Street in Dallas wurde wie in Albträumen immer wieder in den verschiedensten Variantionen durchgespielt, genre- und länder-übergreifend: TARGETS (Bewegliche Ziele, 1968), DIRTY HARRY (1971), THE DAYOFTHE JACKAL (Der Schakal, 1973), THE DAYOFTHE DOLPHIN (Der Tag des Delfins, 1973), oder BLACK SUNDAY (Schwarzer Sonntag, 1977), um nur ein paar zu nennen. Alle diese Filme sind ziemlich pessimistisch, aber auch ziemlich ziemlich gut und sehenswert. Alles scheint hier möglich, aber nur in negativer Hinsicht. Der amerikanische Albtraum.

Auch der Mittelteil von Alan J. Pakulas sogenannter Paranoia-Trilogie - THE PARALLAX VIEW (Zeuge einer Verschwörung, 1974) - ist deutlich von dem tiefen Misstrauen gegenüber Politik und Wirtschaft gekennzeichnet. Als ich diesen Film vor kurzem wieder sah, fielen mir einige Parallelen zum 2008er Bondfilm QUANTUMOF SOLACE auf, der in diesem Jahr eine Dekade hinter sich gebracht hat. Nicht nur zu diesem Film speziell, sondern auch allgemein zu der gesamten Ära des politischen Paranoia-Kinos der 1970er.




Was mich an Filmen aus den 1970er Jahren immer wieder begeistert, ist ihre formale Verspieltheit. Die Offenheit gegenüber neuen visuellen Erzählformen versprüht eine kreative Aufbruchstimmung, die häufig in Kontrast zu der als hoffnungslos verdorben dargestellten Welt steht. Der filmische Blick ist so innovativ und mutig wie der philosophische Blick desillusioniert und müde ist. Neuer Wein in alten Schläuchen sozusagen, der auf der Leinwand spektakulär barst.

So wirken selbst Filme mit einer eher unausgegorenen Geschichte allein durch ihre visuelle Präsentation aufregend und spannend. Bei THE PARALLAX VIEW ist das der Fall. Ein Autorenstreik der Writers Guild of America überschattete die Produktion und führte dazu, dass man ohne fertiges Drehbuch in die Dreharbeiten startete. Da Warren Beatty nur einen begrenzten Zeitrahmen hatte und so oder so bezahlt werden musste, hatte man keine andere Wahl. Beatty selbst soll zusammen mit Autor Robert Towne (CHINATOWN) während der Dreharbeiten an der Story geschrieben haben.

Drehort Bregenzer Festspielhaus mit Seebühne
Das erinnert Bondfans natürlich sofort an QUANTUMOF SOLACE, der ebenfalls unter einem Autorenstreik zu leiden hatte, und bei dem Daniel Craig zusammen mit Regisseur Marc Forster gemeinsam Szenen erarbeitete. Das führte unter anderem dazu, dass der fertige Film viel mehr zu einer Fortsetzung der Ereignisse aus CASINO ROYALE wurde, als ursprünglich geplant war.

Wie Forster in Interviews oft betonte, orientierte er sich für seine Sicht auf James Bond an den Politthrillern der 1970er Jahre, und das auch aus der Not heraus. Er meinte, wenn der Streik nicht rechtzeitig aufhöre, mache ich einfach einen Rachefilm im 70er-Jahre-Stil, sehr von der Action getrieben und viele Schnitte, um zu verschleiern, dass es viel Action und wenig Story gibt.“ Mit seinem Kameramann Roberto Schaefer erarbeitete er dann das visuelle Konzept des Films, das sich an Klassiker wie THE THREE DAYSOFTHE CONDOR (Die drei Tage des Condor, 1975) oder FRENCH CONNECTION (Brennpunkt Brooklyn, 1971) anlehnen sollte.

Die Rückbesinnung auf die Politthriller dieser Ära war seit Spielbergs MUNICH (München, 2005) oder SYRIANA (ebenfalls 2005) allerdings auch ein Zeitgeist-Phänomen. Tom Tykwer orientierte sich für seinen Bankenthriller THE INTERNATIONAL aus dem Jahr 2009 ebenfalls an den bekannten Klassikern.

Wie bei THE PARALLAX VIEW und ähnlichen Filmen führte das Fehlen einer ausgearbeiteten Story hier zu einem recht freien Assoziieren mit filmischen Mitteln, das einen sehr eigenen Reiz entwickelt. Wobei das wohl eher subjektiv ist, denn bei vielen Bondfans hat der Film einen schweren Stand. Ich finde einige Sequenzen in QUANTUM absolut brillant und immer wieder mitreißend, allen voran natürlich die eröffnende Autojagd und die Tosca-Szenen. Mit den faszinierenden visuellen Ideen des Films hatte ich mich in diesem Beitrag schon einmal beschäftigt, den ich an dieser Stelle gern noch einmal bewerbe.

Beide Filme handeln von einer sinistren und schwer greifbaren Organisation, die jeweils nach physikalischen Begriffen benannt ist, und auf die bereits der Filmtitel anspielt: Die Parallax Corporation und der Geheimbund Quantum. Während die Parallaxe das optische Phänomen beschreibt, dass sich ein Objekt der Beobachtung von einer verschobenen Perspektive aus scheinbar ebenfalls verschiebt, gibt es in der Quantenphysik das Phänomen der Unschärferelation, laut dem sich das Verhalten des Beobachters unvermeidbar auf das beobachtete Objekt auswirkt. Beide Phänomene stellen den klassischen Filmblick des praktisch gottgleichen Beobachters in Frage, was sich in den Filmen auch in Fotografie und Schnitt wiederspiegelt.

THE PARALLAX VIEW spielt beispielsweise mit ungewöhnlich kadrierten Bildern, die dem Zuschauer den Überblick, den establishing shot, verweigern. In QUANTUM OF SOLACE wird dieser Überblick durch den stakkato-artigen Schnitt ebenfalls verweigert. Dieser experimentelle Schnitt wurde und wird immer wieder kritisiert. Zum einen, weil er nicht wirklich innovativ ist, sondern recht deutlich vom zweiten Bourne-Film THE BOURNE SUPREMACY (2004) inspiriert ist, der dafür einen Oscar bekam. Zum anderen, weil er bei in camera ausgeführten Stunts und Actionszenen eigentlich völlig kontraproduktiv ist.


Auch bei anderen Klassikern des New Hollywood führten Schwierigkeiten in der Produktion zu kreativen Improvisationen. Bei Francis Ford Coppolas THE CONVERSATION (Der Dialog, 1974) kam es zu Verzögerungen, weil der Kameramann sich nicht mehr in der Lage sah, Coppolas Intentionen für die Eröffnungssequenz umzusetzen. Auch Hauptdarsteller Gene Hackman haderte zunehmend mit seiner Rolle, die emotional sehr zurückgenommen ist. Budget und Drehzeit wurden überzogen, die Postproduktion zog sich hin und der Film wurde mehrmals drastisch umgeschnitten. Trotzdem gilt der Film vielen Kritikern als Coppolas Bester, und auch Coppola selbst tendiert dazu.

Eine große Rolle spielt im Paranoia-Kino des New Hollywood auch die Architektur. Städte erscheinen als unübersichtliche Labyrinthe, in denen Menschen isoliert sind - oft dargestellt durch lange Zooms in Stadtansichten hinein, wie in THE CONVERSATION oder DIRTY HARRY, sowie auch der Blick von oben auf ein ameisenartiges Gewimmel von Menschen. Mit dieser Sicht auf urbane Landschaften als eigentlich menschenfeindliche Labyrinthe verweisen die Paranoia-Thriller deutlich auf den Film Noir.

Häufig wird moderne Architektur als Schauplatz gewählt, deren Kälte und Abstraktheit die Protagonisten wie auf Beton geworfene Fische wirken lässt.



Das Thema der künstlichen Wasserverknappung erinnert an einen der New-Hollywood-Meisterwerke schlechthin - Roman Polanskis CHINATOWN. Auch in THE PARALLAX VIEW gibt es einen Mordanschlag auf den Protagonisten durch einen sich öffnenden Staudamm, der auch gut in einen Bondfilm gepasst hätte. Themen wie Rohstoffverknappung und Umweltzerstörung wurden auch allgemein verstärkt thematisiert, wie in SOYLENT GREEN (1973), SILENT RUNNING (1972) oder THE CHINA SYNDROME (1979).

Die Qualitäten von QUANTUM OF SOLACE sind natürlich nur sehr subjektiv zu bewerten, und der Vergleich mit den genannten Filmklassikern wird sicher auch auf Ablehnung stoßen. Für mich persönlich schafft Regisseur Mark Forster es größtenteils tatsächlich, durch einen experimentellen visuellen Stil aus einer unausgereiften Geschichte einen sehr sehenswerten Film zu gestalten - wesentlich besser als beispielsweise Sam Mendes bei SPECTRE - wie das sehr oft auch Filme der 1970er schafften. Ein sehr gutes Beispiel dafür ist für mich neben den Genannten auch Dario Argentos Regie-Debüt L'UCELLO DALLE PIUME DI CRISTALLO (Das Geheimnis der schwarzen Handschuhe, 1970), wo etwa ein zur Startbahn rollendes Flugzeug wie in einer Art Tanz geschnitten ist.

Während die Bondfilme der 1970er handwerklich eher konventionelle und unpolitische Blockbuster waren, kehrte das Franchise mit QUANTUMOF SOLACE stilistisch also noch einmal in die wilden Siebziger zurück - ironischerweise mit demselben Decknamen, Robert Sterling, aus THE SPY WHO LOVED ME.

Höhenflüge unter Wasser

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                                                     "His days of asking are all gone.
                                             His fight goes on and on and on."
                                                                                   (Thunderball, Tom Jones)


Bond-Marathon #004: THUNDERBALL (1965)

Von DR. NO über FROM RUSSIA WITH LOVE zu GOLDFINGER hatte es in Bezug auf die Weiterentwicklung fast aller filmischen Mittel jedesmal einen bedeutenden Sprung gegeben. Mit THUNDERBALL erreichte man in Bezug auf Aufwand und Größe einen Höhepunkt, den man in mancherlei Hinsicht nie wieder erreichte. Für viele Kritiker war das technische Spektakel aber auch zu viel des Guten. Auch für mich ist THUNDERBALL ein Film, mit dem ich irgendwie nie so richtig warm wurde. Dabei hat er eigentlich alles: Wunderbar verspielte Ken-Adam-Kulissen und -Gadgets, John Barry, wahrhafte Überlebensgröße, Sixties-Atmosphäre und jede Menge Exotik. Und eigentlich liebe ich auch diesen ganzen Unterwasser-Stuff.

Was also stimmt nicht - entweder mit mir oder mit dem Film? Bei jeder Sichtung versuche ich, das herauszufinden. Ob es diesmal klappt?




THUNDERBALL kulinarisch

Ähnlich wie im Vorgänger hat der Schurke ein Hausgetränk, das er Bond anbietet: den Rum Collins. Es ist eine Abwandlung des klassischen Tom Collins, ein Cocktail, der vom Briten John Collins im 19. Jahrhundert in einer Londoner Taverne entwickelt und mit Old Tom Gin zubereitet wurde. Insofern eine dezent provokante Wahl von Largo: Er bietet Bond ein ur-britisches Getränk an, bei dem der Gin allerdings durch Rum ersetzt wurde.

Rum entstand im 17. Jahrhundert in der Karibik und geht auf das Wort rumbullion (großer Tumult) zurück. Rumfässer gehörten zur Beute von Piratenkapitänen wie Blackbeard, die zwischen der US-Küste und den Bahamas operierten. Insofern das perfekte Getränk für diesen Film. Der Rum Collins besteht aus zwei Teilen Rum, ein Teil Zitronensaft, Zuckersirup und Eis. Alternativ kann auch Puderzucker und Limettensaft verwendet werden.

Zusammen mit Felix Leiter und dessen angeschlagenen Magen gönnt sich Bond ein Mixgetränk mit Cinzano Rosso. Die genaue Zusammensetzung wird nicht erwähnt. Vielleicht ein Americano. Mit Domino gibt es den üblichen Dom Perignon und Beluga Kaviar.


Im Vorfeld: Auf welche Elemente freue ich mich? Auf welche nicht? 
THUNDERBALL ist ein episch breiter Film, für die große Leinwand noch mehr geschaffen als andere Bondfilme. Dementsprechend gibt es hier immer wieder interessante Details zu entdecken. Auch die Technik-Verliebtheit verbunden mit einer gewissen Ernsthaftigkeit sagt mir eigentlich sehr zu. Und nicht zuletzt mag ich hier die von Anfang an geklärten Fronten, mit den genüsslich zelebrierten Grabenkämpfen. THUNDERBALL ist der ultimative Spectre-Film. Nie zuvor und danach wurde eine schurkische Organisation besser genutzt.

Der übliche Gegenspieler ist jedes mal ein allgemeines Gefühl der Unstimmigkeit, was sowohl Timing, Effekte, Humor, Dramaturgie und andere Dinge betrifft.


Bewertungen:

Einführungssequenz / Vortitelsequenz: 10/15
Titelmusik: 11/15
Titelanimation: 10/15
Symbiose aus Musik und Animation: 10/15

An sich sehr klassisch und ikonisch. Maurice Binders Titel mit Silhouetten vor farbigen Hintergründen, die es zum Teil schon in DR. NO gab, gehört ab diesem Film zur typischen Ikonographie der Reihe. Ich mag auch Tom Jones sehr, aber sein Thunderball kann nicht so ganz verbergen, dass es die maskuline Version von Goldfinger ist. Und damit ein Rückschritt, denn Basseys kraftvolle Stimme war ein wunderbarer Gegenpol in der Titelanimation. Eine weibliche Stimme, die vor Kraft und Autorität strotzt, zur Projektion auf einen leblosen Frauenkörper. In Thunderball zelebriert dagegen eine Männerstimme eine Männerwelt zu Bildern von Tauchern, die mit Harpunen auf Wassernixen feuern. Es ist handwerklich durchaus stilprägend und beeindruckend, aber es fehlen mir hier ein bisschen die Reibungspunkte und die leise Ironie.

Einführungsszene von Bond: 11/15
Einführungsszene des Haupt-Bondgirls: 14/15
Einführungsszene des Gegenspielers: 13/15
Einführungsszene des Haupt-Henchman: 11/15

Der Schwenk von den Initialen J.B. auf Bond ist gut. Die Einführung von Domino unter Wasser mag ich sehr, ebenfalls Largos erste Szene mit dem Polizisten. Eine geschickte Art, seinen Namen und seine Autorität zu etablieren. Auch die Art, wie er stoisch und haarscharf vor einem heranfahrenden Auto über die Straße geht, finde ich gelungen. Fionas erster Auftritt, bei dem man ihr Gesicht zunächst verkehrt herum sieht, ist gut gemacht.

Darstellung von James Bond: 11/15
Sean Connery wirkt souverän, aber es fehlt mir hier etwas die Raffinesse, die die beiden Vorgänger so groß macht.
Gibt es Szenen, in denen Bond weniger sympathisch erscheint?
Das ist für mich hier der Endkampf unter Wasser. Hier hat man teilweise den Eindruck, dass Töten tatsächlich eine Art sportliche Betätigung für Bond ist.
Darstellung des Gegenspielers: 12/15
Adolfo Celis Largo fand ich früher immer etwas eindimensional. Seit ich den Schauspieler in einigen anderen Filmen gesehen habe, darunter auch viele Komödien, mag ich ihn sehr und schätze auch seine Darstellung hier mehr. Er strahlt eine glaubwürdige Bedrohlichkeit und Zielstrebigkeit aus. Ich muss auch sagen, dass er im englischen Original auf mich wesentlich besser wirkt als in der Synchronisation.
Henchman: 12/15
Fiona Volpe ist das erste Killergirl, und für viele auch die Beste. Ich finde ihre Darstellung auch sehr gelungen. Die Bewertung bezieht sich aber auch nur auf sie, denn Vargas ist für mich dagegen eine reine Behauptung. Er wirkt eher wie der typische Streber in der Schule, der sofort zum Direktor geht, um zu berichten.
Bondgirl: 14/15
Claudine Auger ist eines der attraktivsten Bondgirls überhaupt. Auch ihr Schauspiel zwischen Selbstbewusstsein und Verletzlichkeit wirkt souverän.
Helfer: 12/15
Nach der eher merkwürdigen Besetzung in GOLDFINGER gibt es hier wieder einen sehr überzeugenden Felix, der Ian Flemings Vorlage optisch von allen Darstellern sogar am ehesten entspricht. Nur fand ich die Chemie zwischen Jack Lord und Connery noch eine Spur besser.

Briefing-Szene: 15/15
Die Szene mit allen Doppelnull-Agenten ist eins der Highlights des Filmes. So etwas gab es leider in dieser Größe nie wieder.
Moneypenny-Szene: 12/15
Q-Szene: 6/15
Eine der Q-Szenen, die mir weniger gefallen. War das Geplänkel zwischen Bond und Q im Vorgänger noch charmant und spielerisch, hat man hier den Eindruck, dass sie sich gegenseitig tatsächlich einfach nur hassen. Das ist nicht amüsant, sondern wirkt eher unangenehm. Young konnte mit Hamiltons Interpretation offenbar nicht so viel anfangen. Immerhin sieht man hier Qs ersten Außeneinsatz.

Dramaturgische Struktur

Ist das auslösende Ereignis stark und interessant genug? 14/15
Bei dem Punkt kann man nicht meckern. Hier wird realtiv früh eine glaubhafte und globale Bedrohung etabliert, zuerst in Form des SPECTRE-Plans.
Hält der Film durchgehend eine gewisse Grundspannung aufrecht? 8/15
Durch das Sanatoriums-Geplänkel und einige zu ausführlich gezeigte Szenen geht für mich oft der Spannungsbogen nach unten.
Finale allgemein: 9/15
Der Unterwasserkampf ist vom Filmhandwerk und Aufwand her grandios, wirkt auf mich aber auch ein bisschen wie ein Karneval des Todes. Harpunen in Rücken, Arme und Beine, Haie besorgen den Rest. Auch der Extrem-Zeitraffer auf dem Boot geht für mich leider gar nicht. Dadurch wirkt auch die an sich sehr schöne Szene, als Domino Largo tötet, wie eine offensichtliche Studio-Aufnahme.
Gibt es eine Steigerung des Sensationswertes bis hin zum Finale, das alles andere überschattet? 12/15

Endkampf Bond - Henchman: 12/15
Hier die Tanzszene mit Bond und Fiona. Sehr schön aufgebaut und mit einer Überraschung und einem Lacher aufgelöst.
Endkampf Bond - Schurke: 10/15
Der Kampf als solcher ist gut, aber diese mehr als offensichtliche Rückpro...
Wirkt die Auflösung nach dem Finale befriedigend? 8/15
Die Schluss-Szene hat für mich nie so richtig funktioniert. Bond und Domino hängen jetzt halbnackt und mit nassen Sachen an einem Flugzeug. Okay... Wie lange macht so was Spaß?
Ist Bonds ermittlerische Vorgehensweise glaubwürdig und zielführend? 13/15
Das wirkt hier insgesamt glaubwürdig und gut. Bond ermittelt Lippes Tätowierung und kommt auf die Spur von Major Derval. Wobei es natürlich schon ein sehr hilfreicher Zufall ist, dass er sich im entsprechenden Sanatorium aufhält. Auch das Aufspüren des versenkten Flugzeugs ist gut. Man muss aber auch sagen, dass Largo nicht gerade besondere Anstrengungen unternimmt, um Bonds Verdacht zu entkräften.

Allgemein

Bond-Feeling: 12/15
Fleming-Feeling: 12/15
Dank Terence Young und dem Casting wieder sehr präsent. Vom etwas in die Jahre gekommenen und gesundheitlich angeschlagenen Bond aus dem Roman ist natürlich nichts mehr vorhanden. Eher im Gegenteil. Bonds Aufenthalt im Sanatorium wirkt daher auch nicht mehr so ganz gerechtfertigt.
Dialoge/Humor: 11/15
Spannung: 8/15
Logik/Schlüssigkeit der Story: 14/15
Von allen überlebensgroßen Bondfilmen hat THUNDERBALL einen der glaubwürdigsten und geerdeten Plots. Im Lauf des Kalten Krieges sind tatsächlich einige A-Waffen verlustig gegangen.

Produktions-Design: 14/15
Spezialeffekte: 11/15
Action/Stunts: 13/15
Bildgestaltung: 13/15

Locations

Drehorte: 15/15
Lokalkolorit: 15/15
Kombination: 14/15

Hier punktet THUNDERBALL auf ganzer Linie. Die vor Ort gefilmten Unterwasserszenen sind wirklich grandios, auch die Szenen auf den Bahamas, inklusive des Junkanoos, Palmyra oder der Casino-Szenen mit echten Millionären als Statisten. Auch Paris und Shrublands sind solide.


Musik

Titelsong: 11/15

Allgemein: 10/15

Eine der John-Barry-Arbeiten, mit denen ich etwas weniger anfangen kann. Das Verschwörungsthema ist für meine Ohren etwas zu repetitiv und trägt teilweise auch dazu bei, dass die Unterwasserszenen manchmal etwas zu lang wirken. Ein Highlight ist das 007-Thema während der Unterwasserschlacht.
Die Lyrics sowohl des offiziellen Titelsongs als auch des verworfenen Mr. Kiss Kiss Bang Bang spiegeln ein bisschen die mangelnden Hintergründigkeiten und Ironien der Story wieder, und beschwören einfach nur, was für ein toller Hecht Bond ist.


Fazit - Gewonnen oder verloren?

Gefühlt  und auch rechnerisch gewonnen. Rein objektiv betrachtet ist THUNDERBALL ein Musterbeispiel von einem Bondfilm mit wunderschönen Szenen und einem bis heute beeindruckenden Aufwand. Trotzdem fehlt mir subjektiv oft eine gewisse Raffinesse und (Selbst-)Ironie. Bei den oft kritisierten Unterwasserszenen stelle ich auch die eine oder andere Länge fest. Beispielsweise das Tarnen des untergegangenen Flugzeugs. Bei vielen Szenen hat man den Eindruck, dass man sie nur deshalb nicht geschnitten hat, weil sie so teuer und aufwändig waren.

Dazu kommen einige Szenen, die für mich eher weniger funktionieren, wie etwa das Attentat auf der Streckbank oder der Raubtier-Dialog.

Trotzdem habe ich aber auch viele Aspekte bei dieser Sichtung sehr genossen. Viele Aufnahmen sind schwelgerisch und bewundernswert aufwändig. Fast schon dokumentarisch mit einem gewissen Jaques-Cousteau-Feeling, der an einigen Szenen tatsächlich mitgewirkt hat. Grundsätzlich glaube ich, dass mir bei THUNDERBALL ein bisschen der nostalgisch-verklärende Blick fehlt. Hätte ich ihn mit 12 im Kino gesehen, wäre er vielleicht in meinen Top 5.


Gefühlt: 11/15
Errechnet: 11,63/15

Also knapp 80 % und eine 2+: Die Leistungen entsprechen den Anforderungen voll.


James Bond will return in


YOU ONLY LIVE TWICE

Think big in Japan

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                                                   "This dream ist for you, so pay the price.
                                             Make one dream come true, you only live twice."
                                                                      (You Only Live Twice, Nancy Sinatra)

Sake, das Getränk in Man lebt nur zweimal
Bond-Marathon #005: YOU ONLY LIVE TWICE (1967)


Nach Terence Young und Guy Hamilton übernahm bei YOU ONLY LIVE TWICE (Man lebt nur zweimal) mit Lewis Gilbert ein neuer Regisseur das Ruder. Am Drehbuch arbeitete statt des bond-erprobten Richard Maibaum der Schriftsteller Roald Dahl, der für Eon Productions auch Ian Flemings Kinderbuch CHITTY CHITTY BANG BANG für die Leinwand adaptierte. Seine Version von Ian Flemings 11. Bondroman weicht erstmals stark von der Vorlage ab und fügt gewagte Science-Fiction-Elemente hinzu. Ein Vorgeschmack auf künftige Eskapaden der Reihe. Für Fans ist das bis heute ein Streitpunkt.




YOU ONLY LIVE TWICE kulinarisch

So unterschiedlich Roman und Film auch sind mit ihrem Blick auf Japan und James Bond, der traditionelle japanische Reiswein Sake kommt in beiden Versionen vor. Bond trinkt ihn einmal mit Tiger Tanaka und später noch einmal als Teil der Shinto-Hochzeitszeremonie. Mit Tanaka erwähnt Bond die 'richtige' Temperatur für Sake - 98,4 Grad Fahrenheit, was fast 37° Celsius entspricht. Das ist relativ warm und gilt heute eher als verpönt. Ende der 1960er setzten aufgrund des Reismangels nach dem Krieg jedoch noch viele Brauereien destillierten Alkohol zu. Die erhöhte Temperatur sollte das etwas übertünchen. Bei heutigem, wieder traditionell hergestellten Sake ist das Erhitzen nicht mehr nötig und wird nur noch im Winter und mit durchschnittlichen Weinen praktiziert. Die übliche Temperatur ist etwa 7 °C.

Konsumiert wird Sake aus flachen Trinkschalen, kleinen Bechern oder auch aus kleinen Holzwürfeln (Masu). Geschmacklich erinnert er an trockenen Sherry. Im Roman sagt Tanaka: Den ersten Becher Sake trinkst du, der zweite Becher trinkt den ersten und der dritte Becher trinkt dich.


Im Vorfeld: Auf welche Elemente freue ich mich? Auf welche nicht? 
Man lebt nur zweimal war mein erster Bondfilm im Fernsehen 1986 (mehr dazu hier). Dementsprechend sehe ich ihn bis heute sehr positiv. Er hat einige der kultigsten Elemente überhaupt. Blofeld, Vulkan, Piranhas, Little Nelly, Japan. Dazu kommt die wunderschöne Musik.

Im Vergleich mit den Vorgängern ist die Handlung aber auch ziemlich abgehoben und unlogisch.


Bewertungen:

Einführungssequenz / Vortitelsequenz: 12
Titelmusik: 15
Titelanimation: 15
Symbiose aus Musik und Animation: 15

Die Vortitelsequenz ist solide. Ich mag die Raumschiff-Schluckszene, vor allem dank Barrys genialer Musik. Auch die Konferenz und Bonds Ableben sind gut. Der Song von Nancy Sinatra ist einer meiner absoluten Lieblinge. Bondfeeling pur. Auch sehr schön die Animation von Maurice Binder.

Einführungsszene von Bond: 11
Einführungsszene des Haupt-Bondgirls: 15
Einführungsszene des Gegenspielers: 15
Einführungsszene des Haupt-Henchman: 10

Wenn man Kissy Suzuki als Haupt-Bondgirl sieht, dann finde ich ihre Einführung im Zuge der Hochzeitszeremonie sehr gut gelungen. Diese ganze Sequenz ist wunderschön und hat eine eigene Magie. Blofelds erster Auftritt ist eine der ikonischen Szenen überhaupt.

Darstellung von James Bond: 11
Note 2. Das Drehbuch stellt Connery nicht wirklich vor Herausforderungen. Oft wird ihm auch eine gewisse Müdigkeit in Bezug auf die Rolle vorgeworfen. Das trifft nicht auf alle Szenen zu, aber gegen Ende und vor allem im Zusammenspiel mit Blofeld ist das für mich durchaus spürbar. Bei den Vorgängerfilmen gab es jeweils sehr schöne schauspielerische Duelle mit dem Gegenspieler mit viel Subtext. Das ist in diesem Film weniger der Fall.
Gibt es Szenen, in denen Bond weniger sympathisch erscheint? Keine Spezielle.
Darstellung des Gegenspielers: 11
Donald Pleasence ist okay, aber für mich nach der aufgebauten Spannung von vier Filmen auch eine leichte Enttäuschung. Auch vom Flemings Blofeld ist er ziemlich weit entfernt. Aber dafür kann Pleasence an sich nichts, und er macht insofern seine Sache gut.
Henchman: 11
Unsere Frau in Japan, Karin Dor, ist ebenfalls okay, aber nicht so überzeugend wie Fiano Volpe.
Bondgirl: 11
Helfer: 11
Little Nelly bei Bond in Motion in London
Der Gyrocopter 'Little Nelly' bei Bond in Motion

Briefing-Szene: 12
Moneypenny-Szene: 11
Q-Szene: 12

Ms Büro in einem U-Boot ist einer dieser surrealen Gags, die man mag oder eben nicht.

Dramaturgische Struktur

Ist das auslösende Ereignis stark und interessant genug? 12
Von der Tricktechnik her ist die Weltraum-Kaperszene natürlich eher zum Schmunzeln aus heutiger Sicht. Wobei ich das auch nicht so schlimm finde. Im Vergleich zu 2001 - A SPACE ODYSSEY etwa sieht man hier die Erdatmosphäre ausgeprägter und besser.
Hält der Film durchgehend eine gewisse Grundspannung aufrecht? 10
Finale allgemein: 11
Eine Zwei. Die großen finalen Schlachten waren in den 1960ern noch obligatorisch, haben aber auch immer die Tendenz zur Ermüdung. Durch das gigantische Set aber immer noch toll.
Gibt es eine Steigerung des Sensationswertes bis hin zum Finale, das alles andere überschattet? 12

Endkampf Bond - Henchman: 9
Gibt es mit Helga Brandt nicht, dafür mit Hans. Ganz okay, aber nicht herausragend.
Endkampf Bond - Schurke: Findet hier in dem Sinne nicht statt.
Wirkt die Auflösung nach dem Finale befriedigend? 12
Die Szene mit dem auftauchenden U-Boot ist sehr schön.
Ist Bonds ermittlerische Vorgehensweise glaubwürdig und zielführend? 11
Durchaus gut. Sehr clever ist beispielsweise, dass er den Platz von Hendersons Mörder einnimmt und damit direkt zu Osato Chemicals gelangt.


Allgemein

Bond-Feeling: 14
Fleming-Feeling: 8
Ist hier erstmals eher gering ausgeprägt.
Dialoge/Humor: 11
Spannung: 10
Logik/Schlüssigkeit der Story: 4
Wenn der Film in einem Aspekt abstinkt, dann wohl bei diesem. Auch wenn er rechnerisch zu Buche schlagen wird, finde ich ihn aber allgemein überbewertet. Bondfilme dürfen für mich gern surreal und völlig übertrieben sein, solange es gut gemacht ist. Und interessanterweise sind es oft auch gerade diese Dinge, die im popkulturellen Gedächtnis bleiben.

Produktions-Design: 15
Grandios. In Ken Adams Vulkan-Set würde ich mir auch auch zwei Stunden lang eine Reinigungskraft beim staubsaugen ansehen.
Spezialeffekte: 8
Stunts: 11
Bildgestaltung: 13

Locations

Drehorte: 15
Lokalkolorit: 15
Kombination: 15

Japan, speziell Tokio, das Schloss Himeji und natürlich der Vulkan Shinmoe-dake, den es in der Form leider nicht mehr gibt, sind grandios und zählen zu den ikonischen Drehorten der Reihe.


Musik

Titelsong: 15

Allgemein: 15

Sowohl Titellied als auch Score zählen zu meinen absoluten Favoriten. Spätestens mit dieser Arbeit sicherte sich John Barry einen Platz im Olymp der Filmkomponisten.


Fazit - Gewonnen oder verloren?

Im Großen und Ganzen gleichbleibend. Rechnerisch ergibt sich eine glatte 12 und damit eine 2+. Für eine Eins fehlen hier etwas die schauspielerisch herausragenden Glanzpunkte. Alle Beteiligten wirken eher routiniert. Es sind daher mehr die Schauwerte und die Atmosphäre, die ich sehr schätze und jedes Mal sehr genieße. YOU ONLY LIVE TWICE begründete die Tradition der überschwänglich phantastischen Bondfilme, die - wie das Titellied klar macht - eher der Logik von Träumen folgen. Und wie bei Träumen ist das Absurde und Surreale Teil der Faszination. Das akzeptieren zu können ist sozusagen der Preis des Traumes.


Gefühlt: 12
Errechnet: 12

Also 80 % und eine 2+: Die Leistungen entsprechen den Anforderungen voll.


James Bond will return in


CASINO ROYALE


(mehr oder weniger)

Bond 25 in Norwegen, Italien und Griechenland?

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Der neue James-Bond-Film kommt langsam in die heiße Phase, mit noch vier Wochen bis zum Drehbeginn. Nach Norwegen taucht nun auch Italien - hier speziell Matura - gerüchteweise auf, sowie das spanische Cadiz, das bereits in DIE ANOTHER DAY (Stirb an einem anderen Tag, 2002) Havanna doubelte. Auch diesmal sollen die beiden Location den Handlungsort Tunesien darstellen. Dazu kommt ganz frisch Griechenland, mit dem SNFCC (Stavros Niarchos Foundation Cultural Center) in Athen.

Besetzungstechnisch werden in der Presse Emma Stone und Dakota Johnson genannt, beides US-Amerikanerinnen. Emma Stone erhielt 2017 für LA-LA LAND einen Oscar und arbeitete für die Miniserie Maniac bereits mit Cary Fukunaga zusammen.

Soundtrack-Kritik: THE WORLD IS NOT ENOUGH

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2019 begann mit einem dezenten 1999-Feeling. La-La Land Records schickte die Limited Edition der Filmmusik zu THE WORLD IS NOT ENOUGH. Ein 2-CD-Set mit einem sehr schön und informativ gestalteten Booklet, das Hintergründe zu Musik und Komponist liefert.

David Arnolds Musik für den 19. James-Bond-Film der Produktionsfirma EON war seine zweite Arbeit für Bond. Die auf 5000 Stück limitierte Sonderausgabe enthält einige sehr interessante Titel und auch Demoversionen, die vorher nicht veröffentlicht wurden.




Auf der ersten CD und der ersten Hälfte der Zweiten findet sich ein Großteil der Filmmusik in chronologischer Reihenfolge. Auf der zweiten Hälfte der zweiten CD sind dann alternative Versionen sowie Demoversionen der beiden Songs The World Is Not Enough und Only Myself To Blame, gesungen von David Arnold selbst.

Nach der mit Wucht in den Sand gesetzten Musik von GOLDENEYE war die Wahl von David Arnold, der sich bis dato vor allem mit der Musik für die beiden Roland-Emmerich-Blockbuster STARGATE und INDEPENDENCE DAY einen Namen gemacht hatte, für mich eine enormer Sprung nach vorn. Eric Serras Bemühungen hatten in keinster Weise das Feierliche der historischen Rückkehr von 007 transportiert, und lassen den Film teilweise künstlich und bemüht wirken. David Arnold holte mit seiner Musik für TOMORROW NEVER DIES dann alles nach, was Serra verschenkt hatte.

Mit seiner erneuten Verpflichtung für den dritten Brosnan-Bond konnte ich dementsprechend sehr gut leben. Der Soundtrack hat sehr gelungene Momente, die in der erweiterten Fassung noch besser zur Geltung kommen. Darunter vor allem die Untermalung der Bootsjagd in der Vortitelsequenz, bei der auch die elektronischen Elemente stimmen. Die Musik hat hier ein elektrisierendes Tempo, und setzt das Bondthema an einer sehr cleveren Stelle ein: Als Bond Kurs auf den Millennium Dome nimmt - und damit sinnbildlich auf das neue Jahrtausend. Neu ist Musik am Anfang sowie am Ende der Vortitelsequenz, Bond has left the Building und Balloon. Sehr schön auch im Finale die Szene, wenn Bond außen am U-Boot entlang taucht. Diese hymnen-artigen, das Franchise feiernden Momente fehlen bei Serra leider komplett, und ich schätze diese auch heute noch sehr.

David Arnold führt hier viele gute Aspekte seiner ersten Bondmusik fort. Ein klassischer Titelsong, schön und dezent in den Score eingewoben, ein großes Orchester und Bezüge zu den jeweiligen Lokalitäten. Für die türkischen und allgemein asiatischen Sequenzen verwendet Arnold hier ein Kanun, die "orientalische Zither", und Sängerin Natacha Atlas, mit der er auch Coverversionen von You Only Live Twice und From Russia With Love aufnahm. Diese orientalischen Anklänge sind in Welcome to Kazakhstan sowie in der Filmversion von Welcome to Baku noch einmal schön zu hören.

Um die Musik moderner zu gestalten, griff David Arnold auf elektronische Elemente zurück. Ein Trend, den er im finalen Brosnan DIE ANOTHER DAY noch einmal steigerte. An vielen Stellen ist das für mich durchaus passend, wie etwa in Access Denied oder auch Ice Bandits, das seinerzeit bereits auf der Single des Titelsongs enthalten war. Action-bezogen mag ich auch Pipeline sehr, mit seiner stetig anschwellendem, uhrwerk-artigen Melodie.

Etwas nervig finde ich dagegen diese Art verzerrtes Grummeln, das David Arnold schon in Surrender eingebaut hatte. Zu den Stücken, die mir weniger gefallen, zählt auch Caviar Factory. Im Gesamtblick überwiegen aber auch auf der erweiterten Fassung mit den noch nicht gehörten Stücken die großartigen Momente.

Ähnlich wie schon bei TOMORROW NEVER DIES schlägt Arnold auch melancholische Töne an, was er schließlich in CASINO ROYALE noch einmal zur Perfektion bringen sollte. Vorbild hierfür ist sicher John Barrys Arbeit für ON HER MAJESTY'S SECRET SERVICE. Hier vor allem in Form des Songs Only Myself To Blame von Scott Walker, der die eher selbstreflektiven, sich mit der dunklen Seite des Agentendaseins beschäftigenden Songs wie You Know My Name oder später Writings On The Wall vorwegnimmt.

Gleich beim ersten Anhören hat sich ein klarer Favorit unter den bisher unveröffentlichten Tracks herauskristallisiert: Snow Business. Es ist einmal in der Film- und einmal als alternative Version zu hören. Eine gelungene Hommage an John Barry, die dem Meister tatsächlich sehr nahe kommt. Ein Waldhorn und Streicher untermalen Bonds und Elektras kurzes Intermezzo im Schnee. Leider ist der Track nicht sehr lang, genau wie die entsprechende Szene im Film.

Beim Hören kam mir unweigerlich der Gedanke, wie es den Film verändern würde, hätten James und Elektra mehr Zeit miteinander verbracht. Sowohl in ON HER MAJESTY'S SECRET SERVICE als auch in CASINO ROYALE gibt es längere Montagen von den glücklichen Tagen der jeweiligen Paare. Diese Montagen erscheinen für viele Menschen leider kitschig, aber ich halte sie vor allem in Verbindung mit der Musik für sehr wichtig, um einen positiven Gegenpol zum tragischen Ende zu liefern. Ich glaube, THE WORLD IS NOT ENOUGH. wäre ein besserer Film, hätte man beim Verhältnis von Bond zu Elektra King mehr Mut und Konsequenz gezeigt, und vielleicht sogar den Charakter der Atomphysikerin weggelassen hätte. Die Musik macht das hier für mich zumindest bewusst.

Im besten Falle geht Filmmusik eben weit über eine reine Untermalung des Gezeigten hinaus und kreiert eine eigene Gefühlswelt. Oder wie John Barry es ausdrückte, sie brennt mit einem eigenen Feuer. Etwas, das mir bei den jüngsten Bondmusiken beispielweise eher fehlt. Die Veröffentlichung ist insgesamt sehr liebevoll und für echte Fans eine erstrebenswerte Ergänzung ihrer Sammlung, nicht zuletzt auch durch das ausführliche Booklet mit Interview-Auszügen und Hintergrund-Informationen.

Ich bin sehr gespannt auf weitere Limited Edition von Bond-Soundtracks.

Schmetterhände leben zweimal

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Dr. Shatterhand in Ian Fleming 'You Only Live Twice'Zur Zeit berichten zahlreiche Filmportale, dass der Arbeitstitel von Bond 25 SHATTERHAND sein soll. Noch ist das bisher alles andere als offiziell, und dieser Titel geistert gerüchteweise schon seit geraumer Zeit durch die Medien (siehe dazu hier und hier). Trotzdem ist es ein Titel, der mehr oder weniger auf Ian Fleming zurückgeht und daher grundsätzlich eine Option für Bond 25 oder einen zukünftigen Bondfilm sein könnte.

Was spricht dafür, was dagegen?




Zum einen hat der Begriff wie bereits erwähnt eindeutige Bezüge zum Fleming'schen Ur-Material. Zumindest aus zweiter Hand, denn natürlich geht der Begriff auf Karl May und dessen Helden Old Shatterhand zurück. Fleming benutzt ihn in seinem Roman You Only Live Twice (Man lebt nur zweimal) als Decknamen von Bonds Nemesis Ernst Stavro Blofeld. Nach seiner Flucht ins ferne Japan nennt sich Blofeld dort Dr. Guntram Shatterhand.

In Flemings Nachlass fand man unter Notizen zu Berlin eine Anmerkung zu einem 'harbour café' namens "Old Shatterhand". Daher wird angenommen, dass das Flemings Inspiration für Blofelds Decknamen war. Nun sind Hafenkneipen in Berlin eher rar gesät, daher nennen andere Quellen Hamburg als Ort dieser Gaststätte. Da Fleming aber auch allgemein Deutschland recht gut kannte und Berlin und Hamburg in seinem Buch Thrilling Cities beschrieb, selbst deutsch sprach und unter anderem Thomas Mann ins Englische übersetzte, kann man davon ausgehen, dass ihm Karl May als einer der meistgelesenen und -übersetzten deutschen Autoren so oder so ein Begriff gewesen sein muss.

Der Gedanke, dass er irgendwo in Deutschland zufällig in einer obskuren Lokalität namens "Old Shatterhand" landet, dort ein paar 'Molle mit Korn' oder Astra Urtyp trinkt und den Klang des Wortes 'Shatterhand' - ähnlich wie den des Wortes 'Risico' - mag, ist daher wohl eher unwahrscheinlich. Zumal Anfang 1963, als Fleming You Only Live Twice in seinem Haus Goldeneye auf Jamaika verfasste, die Karl-May-Verfilmung DER SCHATZIM SILBERSEE (im englisch-sprachigen Raum Treasure of Silver Lake) bereits sehr erfolgreich in deutschen Kinos lief und sich Martin Böttchers Old-Shatterhand-Melodie als Single für instrumentale Filmmusik zu dieser Zeit außergewöhnlich gut verkaufte.

Flemings nicht geringe Kenntnisse der deutschen Sprache und Literatur vorausgesetzt, war Shatterhand als Deckname von Blofeld wahrscheinlich eine bewusste Anspielung auf den beliebten deutschen Abenteuer-Schriftsteller. Zumal 'Guntram Shatterhand' nicht gerade wie ein typisch deutscher und unauffälliger Name klingt, auch nicht für fernöstliche Ohren.

Karl May als Old Shatterhand
Karl May als Old Shatterhand (1896)
Karl May schuf sich mit Old Shatterhand in gewisser Weise ein Superhelden-Alter-Ego, ähnlich wie Fleming mit James Bond. Beide Figuren gingen in die ewigen Helden-Jagdgründe ein, und beide Schöpfer kokettierten mit dem Image ihrer geschaffenen Helden. May behauptete eine Zeitlang, tatsächlich Old Shatterhand gewesen zu sein, während Fleming dem Alkohol- und Tabakkonsum seines fiktiven Helden nacheiferte und daran zugrunde ging. Vielleicht war es also eine kleine Hommage an den großen Abenteuerschriftsteller.

Da Fleming einen Bösewicht diesen Namen benutzen lässt, der unter vermeintlich edlen und menschenfreundlichen Motiven in ein fernes Land reist, war es vielleicht aber auch ein kleiner ironischer Seitenhieb auf die deutsche Trivialliteratur. In der deutschen Ausgabe des Romans im Scherz-Verlag nannte man Guntram Shatterhand interessanterweise in Guntram Martell um.


Entkleidet man das Wort Shatterhand aller Konnotationen ist es tatsächlich ein durchaus bondiger Begriff. Zum einen der Verweis auf Körperteile, wie Goldfinger oder GoldenEye. Zum anderen würde es für den finalen Craig-Bond passen, nach SKYFALL und SPECTRE.

Auch der Bezug zum Fleming-Roman You Only Live Twice würde für den fünften Craig-Bond Sinn ergeben. Das Buch beschreibt Bonds finale Begegnung mit seinem Erzfeind Blofeld, nachdem dieser seine Liebe Tracy kurz nach der Hochzeit ermordete. Die beiden Drehbuchautoren Neal Purvis und Robert Wade kennen sich mit dem Fleming'schen Material sehr gut aus und ließen bereits in ihr erstes Bond-Drehbuch zu THE WORLD IS NOT ENOUGH zahlreiche Anspielungen an Tracy und Blofeld einfließen.

Der Roman enthält einige reizvolle Elemente, die im Film YOU ONLY LIVE TWICE nicht genutzt wurden, und daher noch für eine ernsthaftere Verfilmung zur Verfügung stünden. Beispielsweise wird Bond hier mit der Möglichkeit eines Rückzugs aus dem Agentengeschäft konfrontiert und zeugt sogar Nachwuchs. Und er soll das ramponierte Image von Großbritannien wiederherstellen, indem er in den Diplomatenstatus versetzt wird und den Japanern eine wichtige Dechiffriermaschine abluchsen soll. Verbindungsmann Tiger Tanaka konfrontiert Bond immer wieder mit der selbstzerstörerischen Handlungsweise des Nachkriegs-Englands. Eine Thematik, die man in Brexit-Zeiten spielerisch in die Gegenwart holen könnte.

Im ganz profanen Wortsinn könnte Shatterhand auch einfach ein Synonym für das Schicksal sein, dass Bonds und Madeleines Wunsch nach einem Neuanfang zertrümmert.

Normalerweise benutzt Eon Productions einfach 'Bond Nr. X' als Arbeitstitel. In diesem Fall Bond 25. Andererseits wäre ein Arbeitstitel wie Shatterhand auch nicht so ungewöhnlich, falls man auf ein bereits bestehendes Treatment aufbaut. Selbst das Durchsickern des Titels an die Presse könnte ein Testballon sein, um die Reaktion der Fans zu ermitteln.

Die Frage ist wohl eher, ob man einen Namen, den mit großer Wahrscheinlichkeit schon Fleming selbst bewusst von einem anderen berühmten Autoren auslieh, einfach so für einen Bondfilm benutzen kann. Einerseits sind Karl May und die entsprechenden Verfilmungen im englisch-sprachigen Raum nicht so exotisch und unbekannt. (Mal abgesehen von 'Millennials' vielleicht.) Quentin Tarantino outete sich im Vorfeld von INGLORIOUS BASTERDS beispielsweise als Fan der Filme und bezeichnete sie als Vorläufer der Italo-Western. Andererseits ist selbst der Name Goldfinger keine originäre Fleming-Schöpfung, sondern vom bekannten Architekten Ernö Goldfinger entlehnt, der davon alles andere als begeistert war. Elemente auszuleihen und mit neuem Sinn zu versehen ist eine übliche Vorgehensweise in Literatur und Film.

Ich persönlich könnte mit SHATTERHAND sehr gut leben. Immerhin würde der Titel zwei meiner Kindheitshelden verbinden, die im Deutschen eh schon immer mit derselben Stimme sprachen.

Die unheimliche Macht der Fans

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Hier möchte ich einen Film eines Freundes vorstellen, bei dem ich am Drehbuch mitgewirkt habe. Es geht ausnahmsweise mal nicht um Bond, sondern um die faszinierende Folge USS Callister der britischen Anthologieserie Black Mirror. Eine Serie, die sich zu meinem Favoriten in der jüngeren TV-Landschaft gemausert hat. Da auf diesem Kanal noch mehr erscheinen wird, würden wir uns über ein Like oder auch ein Abonnement freuen! Viel Spaß!







Der Film enthält ein paar Spoiler.

A Nightmare on Bond Street

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                                           "The formula is safe with old double-o-seven.
                                       He's got a red-head in his arms."
                                                                                      (Herb Alpert, Casino Royale)


Bond-Marathon #005,5: CASINO ROYALE (1967)

35-mm-Schmalfilm-Version von CASINO ROYALE
CASINO ROYALE von 1967 gilt für den Großteil der Zuschauer und Fans nicht als echter James-Bond-Film. Und das, obwohl die einzelnen Zutaten sehr hochwertig sind. James Bond 007 wird hier vom oscar-prämierten David Niven verkörpert, der als britischer Gentleman schlechthin galt. Niven wurde von Ian Fleming persönlich für die Rolle vorgeschlagen und sogar in einem seiner Romane verewigt. Und er diente im Krieg in einer Spezialeinheit und war an der Rettung von Marlene Dietrich beteiligt. Den Gegenspieler gibt kein Geringerer als Orson Welles, der auch als Goldfinger im Gespräch war, aber sich als zu teuer erwies. Dazu kommt eine selten übertroffene Riege an Stars, eine wunderschöne Moneypenny, M und Q samt futuristischer Gadgets. Ein Song, der eine Oscar-Nominierung erhielt und nicht zuletzt eine Plakat-Kampagne, die an Kreativität die der letzten drei Bondfilme zusammen übertrifft. Der Film ist völlig übertrieben und eher eine Parodie, aber sind das etwa MOONRAKER oder DIE ANOTHER DAY nicht auch?

Ein zweiter Blick auf den verrücktesten Bondfilm aller Zeiten.






Die Entstehungsgeschichte hinter dem Film ist ähnlich wie bei NEVER SAY NEVER AGAIN (Sag niemals nie, 1983) ein Abenteuer für sich. Casino Royale ist wie Thunderball eine von Ian Flemings 'rogue novels', bei denen die Verfilmungsrechte nicht bei Eon Productions lagen. 1954 wurde der Roman schon einmal für das US-Fernsehen verfilmt, siehe hier.

Nachdem Produzent und Rechte-Inhaber Charles K. Feldman sich weder mit den Produzenten der etablierten Filmreihe noch mit Sean Connery als Darsteller einigen konnte, machte er aus der Not eine Tugend und beschloss, die Reihe zu parodieren. Das lag für Feldman sogar näher als ein ernsthafter Bondfilm, denn obwohl er mit Howard Hawks RED RIVER (1948) oder A STREETCAR NAMED DESIRE (Endstation Sehnsucht, 1951) hochwertiges Oscar-Material produziert hatte, lagen seine jüngeren Erfolge bei Komödien, wie THE SEVEN YEAR ITCH (Das verflixte 7. Jahr, 1955), mit der Marilyn-Monroe-Szene schlechthin, oder WHAT'S NEW PUSSYCAT? (1965), dem Schauspiel- und Drehbuch-Debüt von Woody Allen.

Letzterer Film, in dem neben Allen auch Peter Sellers und Ursula Andress mitwirkten, war ein Überraschungserfolg, deshalb wollte Feldman Woody Allen auch als Drehbuchautor für CASINO ROYALE. Doch Allen schrieb nur die Dialoge seiner eigenen Szenen. Letztendlich versuchten sich eine handvoll Autoren an dem Film, darunter sogar Billy Wilder, und insgesamt sechs Regisseure. Val Guest drehte die Szenen mit Woody Allen, Ken Hughes den Berlin-Teil, John Huston die Szenen auf Bonds und Ms Anwesen, Joseph McGrath und Robert Parrish einige der restlichen Szenen und Richard Talmadge schließlich ohne besondere Nennung im Abspann das Finale.

Peter Sellers & Britt Ekland 1964
Sellers mit Britt Ekland 1964
Dementsprechend liefen die Dreharbeiten auch völlig aus dem Ruder. Peter Sellers galt aufgrund seelischer Probleme mittlerweile als sehr schwierig und war nicht gut auf Orson Welles zu sprechen. Er verwandelte wohl seine Unsicherheit ihm gegenüber in eine Apathie. Welles hingegen war sprachlos über diese unprofessionelle Art, und letztendlich wollten beide ihre Szenen nicht gemeinsam drehen. Schließlich bekam Sellers das Gefühl, dass sich der von ihm mitgebrachte Regisseur Joseph McGrath mit Welles gegen ihn verbündet hatten, obwohl sich beide letztlich nur auf einer kreativen Ebene gut verstanden. Er verließ Hals über Kopf das Set und musste vorzeitig aus dem Film entfernt werden. Auch Woody Allen soll nach sechs untätigen Monaten in London entnervt das Handtuch geworfen haben und noch im Dr.-Noah-Kostüm in einen Flieger nach New York gestiegen sein.

Ein Kritiker bezeichnete CASINO ROYALE als den Film, der versucht habe, Hollywood zu töten. Man hat zumindest oft das Gefühl, als wollte Feldman die Marken James Bond und 007 möglichst lächerlich machen und 'verbrennen'. Der Name und der Code werden im Film völlig willkürlich verliehen und sogar auf die Stirn von Indianern gemalt. Ein ganzer Film als Bondbösewicht. Damit musste er natürlich scheitern. CASINO ROYALE beendete nicht nur die Karriere von Charles K. Feldman. Er starb kurz darauf an einem Magentumor.

Zu einem großen Teil scheiterte der ganze Film wohl tatsächlich an den persönlichen Problemen von Peter Sellers, die in dem sehr sehenswerten Biopic THE LIFEAND DEATHOF PETER SELLERS geschildert werden. Mit einem stringenten Drehbuch und einem Peter Sellers auf der Höhe seiner Kunst als schüchternen Kartenspezialisten, der gegen einen Superschurken antreten muss, hätte CASINO ROYALE wirklich gut sein können. So ist der Film aber letztlich weniger als die Summe seiner an sich sehr beeindruckenden Teile, auch wenn er als Pop-Art-Extravaganza durchaus Spaß machen kann.

In seiner hemmungslosen Absurdität erinnert er mich an Träume - vor allem die Albträume, die man als Fan manchmal vor Erscheinen eines neuen Bondfilms hat. Was wiederum eine echte Qualität ist. Viele Filme versuchen, diese Irrationalität des entfesselten Unterbewusstseins einzufangen, sind dabei aber selten so konsequent.

Dabei hat CASINO ROYALE auch einige magische Momente. Die erotik-geladene Szene zwischen Sellers und Ursula Andress zu The Look of Love beispielsweise. (Eine Szene, die Steven Spielberg in CATCH ME IF YOU CAN zitierte, und die Mike Myers zu der wunderbaren Bondparodie AUSTIN POWERS inspirierte. Überhaupt die Musik von Burt Bacharach, der übrigens dieses Jahr im Alter von 91 live in Hamburg zu hören sein wird.) Oder auch der Moment, als Le Chiffre am Spieltisch seine Niederlage erkennt. Nicht zuletzt auch, das Ur-Bondauto, den Bentley Blower, mal in Action zu erleben. Und sogar einige Gags zünden. Etwa wenn Tremble und Vesper Lynd Le Chiffe hinter einer Scheibe beobachten. "Don't worry, this is one-way mirror glass." - "Which way?" - "This way."

Auf dem Gipfel

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                                         "Every Step off the way we'll find us,
                                   With the Cares of the World far behind us."
                                                                                                 (We Have All the Time in the World, Louis Armstrong)




Wodka Martini mit Sanduhr
Bond-Marathon #6: ON HER MAJESTY'S SECRET SERVICE

Wenn man die Bondfilme der 1960er Jahre hintereinander sieht, dann wirkt ON HER MAJESTY'S SECRET SERVICE wie das, was SPECTRE sein wollte: Die epic conclusion einer ganzen Ära. Obwohl in beiden Fällen nicht im Voraus geplant, funktionieren die Anspielungen auf frühere Abenteuer sowohl innerhalb der Handlung als auch in der Titel-Animation im 1969er Film wesentlich besser.

Aber kann der Fan-Liebling in der Analyse seiner Einzelteile seine Position verteidigen?




ON HER MAJESTY'S SECRET SERVICE kulinarisch

Der Film ist in dieser Hinsicht sehr ergiebig, und unter den Bondfilmen mit den meisten alkoholischen Getränken. Bond trinkt hier den typischen Wodka Martini, sein Schwiegervater in-spe dagegen einen Campari mit Eis.
Mit Tracy gibt es wie üblich zu verschiedenen Anlässen Dom Perignon. Später auf dem Piz Gloria bestellt sich Bond als Sir Hilary Bray einen Malt Whiskey mit Wasser. Nach der Bobjagd mit Blofeld ordert er bei einem herbei-eilenden Bernardiner einen Fünf-Sterne-Hennessey.

Beim Dinner mit Blofelds Todes-Engeln sieht man sehr verschiedene Speisen. Bond isst ein Steak Piz Gloria, während die Damen, die aus allen Teilen der Welt stammen, jeweils Speisen zu sich nehmen, die mit ihren Allergien zusammnhängen. Darunter Hühnchen, Mais, Bananen, Reis, Rindfleisch oder Kartoffeln.

 

Im Vorfeld: Auf welche Elemente freue ich mich? Auf welche nicht? 

Der Film ist schon seit einigen Jahren auf Platz 1 meiner Bestenliste. Es gibt daher auch eher wenig, was mir nicht gefällt. Ein großer Wermutstropfen ist zum Beispiel die Sprachauswahl, bei der man eigentlich nur die Wahl zwischen Pest und Cholera hat. Im Original wird Lazenby in den Szenen, in denen er als Hillary Bray auftritt, von dessen Darsteller George Baker synchronisiert, was für mich eine nicht nachvollziehbare Regie-Entscheidung ist. In der deutschen Synchronisation dagegen wurde Lazenby seine stimmliche Eigenständigkeit durch die vertraute Connery-Stimme G.G. Hoffmann geraubt, der auch noch aus dem Off typische Connery-Witze macht, so dass man es schwer hat, sich auf Lazenby einzulassen. Grauenhaft nachsynchronisierte Passagen an der Grenze zur Parodie tun ein übriges. Letztlich ziehe ich das Original daher vor.  

Zu nennen wären auch noch einige weniger geglückte Rückprojektionen. Meine größte Sorge bei diesem Film ist allerdings, dass er mir irgendwann mal weniger gefallen und seinen Nimbus verlieren könnte, weshalb ich ihn auch nicht so häufig sehe.


Bewertungen:

Einführungssequenz / Vortitelsequenz: 15

Während die meisten anderen Einführungssequenzen in sich geschlossen sind, werden hier viele Fragen aufgeworfen, die erst im weiteren Verlauf des Films beantwortet werden: Warum will sich diese Frau umbringen? Welches Interesse hat Bond an ihr? Wer möchte beide tot sehen? Und vor allem: Wird Bond es schaffen, diese Frau vor sich selbst und anderen zu retten?
Darüber hinaus bietet sie sehr viel: Schöne Landschaften, Autos und Frauen, Action, Drama, Mystery und Humor.
Titelmusik: 15
Titelanimation: 15

Maurice Binders ambitionierteste Arbeit. Die visuelle Umsetzung des Themas Zeit ist sehr schön und passend zum melancholischen Charakter des Films.
Symbiose aus Musik und Animation: 15


Einführungsszene von Bond: 15

Einführungsszene des Haupt-Bondgirls: 15
Wunderschön mysteriös und melancholisch. Man erfährt sehr wenig über Tracy, ist dafür umso gespannter auf ihre weitere Rolle. Neu ist überhaupt, dass die weibliche Hauptrolle bereits in der Pre-Title - beziehungsweise sogar überhaupt im ersten Film-Drittel auftaucht.
Einführungsszene des Gegenspielers: 14

Blofeld kommt aus dem UV-Licht der Desinfektions-Schleuse.
Einführungsszene des Haupt-Henchman: 13 

Irma Bunt am Bahnhof in Lauterbrunnen. Man merkt hier schon, dass sie sehr gute Augen und Ohren hat.


Darstellung von James Bond: 12

George und ich
George Lazenby fand ich nie so schlecht, wie er oft hingestellt wird. Auch nicht mit dem Zusatz "dafür, dass er als Schauspieler eher ein Laie war". Es gibt keine einzige Szene, wo ich mir hier einen anderen Darsteller wünsche. Im Gegenteil, ich glaube, er ist sogar näher an Flemings Bond als viele andere Darstellungen - inklusive der des unmittelbaren Nachfolgerfilms. Der Buch-Bond war nie dieser eiskalte Killer oder Über-Macho.


Gibt es Szenen, in denen Bond weniger sympathisch erscheint? Nein.



Darstellung des Gegenspielers: 15

Telly Savalas ist für mich nicht nur der beste Blofeld-Darsteller, sondern sogar der Einzige, der überhaupt wirklich in der Rolle funktioniert. Bedrohlich, charmant, eitel, einfach glaubwürdig.

Henchman: 14

Die Deutsche Ilse Steppat, die auch in einigen Edgar-Wallace-Filmen mitwirkte, gibt die Blofeld-Vertraute als alles-überwachenden Drachen. Zuletzt fügt sie Bond auch mehr Schaden zu als jedere andere Helfer des Schurken.
Bondgirl: 15

Zusammen mit Eva Green das beste Bondgirl ever.
Helfer: 15

Draco ist einer der sympathischsten und letztlich auch tragischsten Verbündeten. Der Römer Gabriele Ferzetti hatte seine Rolle für die Ewigkeit ein Jahr zuvor in ONCE UPON A TIME IN THE WEST. Auch seine Vertrauten sind charismatisch.

Briefing-Szene: 15

Ist im klassischen Sinne hier zum ersten Mal so nicht vorhanden. Im Gegenteil, Bond wird von einem Auftrag abgezogen, was die Zuschauer-Erwartung völlig unterlief. Erst später in Ms Heim erhält Bond grünes Licht.
Moneypenny-Szene: 15

Auch Moneypenny darf hier endlich mehr als schmachten und erweist sich als eine clevere Verbündete und Freundin.
Q-Szene: 15

Bond wird erstmals nicht klassisch ausgerüstet. Q hat aber die Ehre, die ersten Dialogzeilen des Films zu sprechen. Umso persönlicher dann sein Auftritt bei der Hochzeit und die 'Versöhnung' mit Bond. Damit wird seit FROM RUSSIA WITH LOVE, angefangen von unpersönlicher Professionalität über einen genervten Schlagabtausch hin zum väterlichen Freund, ein sehr schöner Charakterbogen von Q darstellt.


Dramaturgische Struktur

Ist das auslösende Ereignis stark und interessant genug? 13

Das eigentliche auslösende Ereignis kommt hier vergleichsweise spät: Dracos Hinweis auf den Aufenthaltsort von Blofeld. Dafür ist der Auslöser des persönlichen Handlungsstrangs, der hier mindestens genauso wichtig ist, mit der Begegnung von Bond mit Tracy bereits sehr früh und sehr gut etabliert.
Hält der Film durchgehend eine gewisse Grundspannung aufrecht? 15

Die beiden Hauptfragen 'Kann Bond Blofeld stoppen' und 'Kann Bond Tracy retten' werden im Prinzip erst in den letzten Momenten des Films beantwortet.
Finale allgemein: 15
Gibt es eine Steigerung des Sensationswertes bis hin zum Finale, das alles andere überschattet? 14

Endkampf Bond - Henchman: 14

Da es keinen Zweikampf zwischen Bond und Bunt gibt, zählt hier am ehesten der Kampf auf dem Piz Gloria.
Endkampf Bond - Schurke: 14

Bonds Bobschlitten in der Bond World auf dem Piz Gloria
Bonds Schlitten in der Bond World
auf dem Schilthorn
Die Bobschlitten-Jagd. Die Rückpros sind aus heutiger Sicht manchmal etwas auffällig, aber da das nun mal Stand der Technik war und auch nicht zeitraffertechnisch übertrieben ist, geht es okay.
Wirkt die Auflösung nach dem Finale befriedigend? 15

Die Hochzeit mit dem tragischen Ausgang ist einmalig in der Bond-Historie. 'Befriedigend' ist hier wohl das falsche Wort, aber es ist dramaturgisch sehr wirksam.
Ist Bonds ermittlerische Vorgehensweise glaubwürdig und zielführend? 15

Bond ist hier als klassischer Ermittler zu sehen. Angefangen von kreativer Informationsbeschaffung bei Draco und den Piz-Girls, über den Einbruch in Gumboldts Büro bis hin zu seiner glaubwürdigen Verkörperung des Heraldik-Beamten. Der Fauxpas mit der St.-Anna-Kirche ist da zu entschuldigen.


Allgemein


Bond-Feeling: 15
Ski-Szenen gehören seit OHMSS zum Arsenal klassischen Bondfeelings, wurden in dieser Brillianz aber nicht wieder erreicht.
Fleming-Feeling: 15

Der vorläufige Höhepunkt. Die 1970er entfernten weiter vom Original als je zuvor und danach. 
Dialoge/Humor: 15
Spannung: 15
Logik/Schlüssigkeit der Story: 13

Das ist ein Punkt, der dem Film oft angekreidet wird. Blofelds Plan sei hanebüchen und lächerlich umständlich. Aber ist er das tatsächlich? Fernsteuerung durch Hypnose wurde damals für durchaus möglich gehalten. Die sichersten Terroristen sind letztlich die, die weder wie welche aussehen, noch selbst wissen, dass sie welche sind. Ohne Bonds Ermittlungsarbeit hätte niemand gewusst, dass das Allergieprogramm nicht nur Fassade, sondern auch Teil des Plans ist. Blofeld hätte zum gegeben Zeitpunkt ohne größeren Aufwand den Virus freisetzen können.

Es ist im Rahmen der Bondfilme amüsant übertrieben, aber nicht völlig lächerlich und unrealistisch. Es gab und gibt nicht wenige Geheimdienste, die exakt solche Methoden ausprobierten.


Produktions-Design: 15

Stele von Willy Bogner auf dem
Bond Walk am Piz Gloria
Eins der Produktionsdesigns, das sogar die physische Welt verändert hat. Einige Anbauten des Restaurants auf dem Schilthorn wurden erst durch die finanzielle Beteiligung der Filmproduktion möglich. Und der Berg heißt heute auch Piz Gloria. 
Die Innenräume, wie Blofelds Büro mit Aussicht auf die halb unterirdischen Labore sind ebenfalls sehr gelungen.
Spezialeffekte: 13
Stunts: 15

Die Stunt-Arbeit vor allem von Willy Bogner ist grandios und wegweisend.
Bildgestaltung: 15

Peter Hunt und Cutter John Glen waren hier sehr experimentierfreudig. Zum ersten Mal wurden Zeitlupe, Rückblenden, sehr schnelle Schnittfolgen oder das Durchbrechen der vierten Wand verwendet. Mit Blick auf die Craigfilme war man damit seiner Zeit sehr weit voraus.



Locations

Drehorte: 15
Lokalkolorit: 15
Kombination: 15

Die Note Eins plus ist hier mehr als berechtigt. OHMSS ist der einzige Bondfilm bisher, der vollständig in Europa realisiert wurde. Daher ist es auch der Film, bei dem ich den größten Teil der Drehorte besucht habe. Sowohl Portugal als auch die Schweiz sind grandios fotografiert und bilden einen wirkungsvollen Kontrast zwischen Wärme und Kälte. Ein weiterer Punkt, warum ich mich an diesem Film nie satt sehen kann. Dazu kommen auch etwas ausführlichere London-Szenen.


Einheimische und lokale Feierlichkeiten machen die Drehorte sehr lebendig


Musik

Titelsong: 15

Allgemein: 15

Auch hier kann ich nur Bestnoten vergeben. John Barrys Musik für den Film ist eins seiner besten Werke überhaupt. Es unterstreicht die Melancholie und die unterschwellige Bedrohung, und unterstützt mehr als sonst die Dramaturgie. Während des Gesprächs zwischen Bond und Draco wechselt beispielsweise mehrmals fast unmerklich die Stimmung.


Das schnelle, instrumentale Hauptthema passt sehr gut zum Titel, während We Have All The Time in the World die wahrscheinlich beste Ballade des gesamten Franchise' ist.


Fazit - Gewonnen oder verloren?

Als Lieblingsbond kann er eigentlich gar nicht mehr so viel gewinnen. Mich fasziniert er jedes Mal aufs Neue - auch diesmal, und er hat eine spezielle Magie, die man schwer beschreiben kann, und die andere Filme nicht wieder erreichten. Einfach ein Meisterwerk.

Gefühlt: 15
Errechnet: 14,97

Also 95 % und eine 1+: Die Leistungen entsprechen den Anforderungen in besonderem Maße.



James Bond will return in



Bond 25 - Eine Theorie

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Die Dreharbeiten zum neuen Bondfilm sind im kalten Norwegen mittlerweile in der heißen Phase angekommen (siehe hier, Spoilerwarnung!) Weitergehen soll es in Italien - hier speziell in Matera, Griechenland sowie erstmals seit LIVEAND LET DIE 1973 wieder Jamaika, dem Geburtsort von James Bond.

Die übliche Pressekonferenz zu Beginn der Dreharbeiten ist allerdings noch nicht in Sicht. Auch ein Bild mit einer Filmklappe, die es bei den Drehs der letzten Bondfilme bei jedem neuen Drehort gab, ist nicht aufgetaucht. Scheinbar hält man sich mit Details diesmal mehr zurück als sonst.

Spekulationen zur Handlung sind für eine Seite wie diese immer etwas heikel und können nach hinten losgehen, wenn sie sich als falsch erweisen. Trotzdem möchte ich hier mal eine Theorie darstellen, die ich auch für recht reizvoll halte, und für die es aus meiner Sicht auch einige Indizien gibt. Je nachdem, wie richtig sie liegt, könnte sie Spoiler enthalten.




Im Vorfeld der Produktion von SPECTRE gab es einige Meldungen, dass der 24. und der 25. Eon-Bondfilm ähnlich wie LORDOFTHE RINGS am Stück gedreht werden sollten, wobei Bond 24 mit einem Cliffhanger geendet hätte. Wegen der doppelt strapaziösen Dreharbeiten soll dann Daniel Craig ein Veto dagegen eingelegt und veranlasst haben, dass Bond 24 - also der spätere SPECTRE - ein Ende erhält, das im Falle seines Ausstieges auch für sich allein stehend funktionieren würde.

Das Ende von SPECTRE wäre demnach ein nachträglich umgeschriebener Kompromiss, der ursprünglich so nicht geplant war. Da der Film bis zum Aufeinandertreffen von Bond und Blofeld tatsächlich recht stimmig ist und funktioniert, und danach seltsam improvisiert wirkt, ist das für mich durchaus plausibel. Und ich glaube auch, dass man den ursprünglichen Plan für Bond 25 als direkte Fortsetzung trotz dieses Endes nicht aufgegeben hat.

Nach SPECTRE war ein Ausstieg von Daniel Craig dann tatsächlich mehrmals im Gespräch, und interessanterweise tauchten zwei Kandidaten auf, die Craig optisch relativ ähnlich sehen und seinen Bondtypus hätten fortsetzen können: Tom Hiddleston und James Norton. Es wäre zwar ein unbefriedigender Kompromiss gewesen, bei einer direkten Fortsetzung aber auch ein notwendiger. Ein Festhalten am ursprünglichen Plan, dass Bond 25 die Story von SPECTRE direkt fortführt, könnte auch erklären, warum Danny Boyle letztendlich ausstieg - falls er eine eigenständige Geschichte plante und die Produzenten diese entgegen seinen Vorstellungen mit den bisherigen Story-Plänen verknüpfen wollten.

Wie könnte aber nun dieser über zwei Bondfilme reichende Storybogen genau aussehen? Dazu habe ich eine Theorie: Wie in den Filmen CASINO ROYALE und QUANTUMOF SOLACE dargestellt wurde, ist es eine bevorzugte Strategie der Organisation Quantum/SPECTRE, Agenten über eine sogenannte Romeo- oder Venus-Falle zu rekrutieren. Dabei wird ein Agent des anderen Geschlechts auf die Zielperson angesetzt, die ein Liebesverhältnis aufbaut und die Zielperson damit erpressbar und manipulierbar macht.

Das hatte man bei Vesper Lynd erfolgreich praktiziert, und Vesper danach mit dem selben Ziel auf Bond angesetzt. Doch sie hat mit ihrem Opfer diesen Teufelskreis durchbrochen. "Hätte sie sich nicht umgebracht, hätten wie Sie jetzt auch", sagt Mr. White in QUANTUMOF SOLACE.

Zu Bond 25 hieß es in vielen Meldungen, dass man sich an FROM RUSSIA WITH LOVE orientiere. In diesem Film von 1963 rächt sich SPECTRE an Bond, indem man eine klassische Venus-Falle auf ihn ansetzt (im Roman ist es Smersh). Könnte es also sein, dass Madeleine das vollenden soll, wobei Vesper "versagt" hat?

Im Trailer und in der Werbung zu SPECTRE hat man durch die Musik und dem Motiv eines Einschussloches gezielt Erinnerungen an ON HER MAJESTY'S SECRET SERVICE geweckt und damit suggeriert, dass Madeleine eine potentielle Tracy ist und von Blofeld aus Rache ermordet werden könnte. Wenn man SPECTRE allerdings unter der Prämisse sieht, dass Madeleine Bond gezielt in eine bestimmte Richtung lenken will, ergibt vieles einen Sinn. Zumal sie eine erfahrene Psychologin ist.

Sie weckt ähnlich wie Elektra in THE WORLDISNOT ENOUGH gezielt Beschützerinstinkte bei Bond, und pflanzt geschickt einen nagenden Gedanken in seinen Kopf: Ist dieses Leben wirklich sein Schicksal? Oder könnte er sich auch bewusst dagegen entscheiden? Schon der Titelsong beschwört diese Frage.

Könnte es sogar sein, dass Madeleine nicht wie Vesper nur ein Werkzeug ist, sondern der eigentliche Drahtzieher? Diese Idee erinnert ebenfalls an THE WORLD IS NOT ENOUGH, für das das Autorenduo Neil Purvis und Robert Wade ihr erstes Bonddrehbuch verfassten. Doch der 1997er Film blieb in vielen Aspekten unbefriedigend, und bereits in SKYFALL wurden Teile davon konsequenter umgesetzt.

Madeleine Swann arbeitet in einer Klinik auf einem Alpengipfel - wie Blofeld. Zweimal sieht man, wie sie eine Jalousie herunterfährt, die ihren Oberkörper und ihr Gesicht verdeckt, was an Blofelds Auftritt in der SPECTRE-Konferenz in THUNDERBALL erinnert. Im Gespräch mit Bond erzählt sie, dass Oberhauser/Blofeld sie einmal zuhause besucht habe. Und Mr. White sagt, dass Oberhauser überall sei, "am Tisch mit Ihrer Familie, im Bett mit Ihrer Geliebten". Hatte man schon auf Mr. White vor langer Zeit eine Venus-Falle angesetzt, um ihn für die Organisation zu rekrutieren? Hat Oberhauser/Blofeld Whites Frau vielleicht sogar schon früher besucht und ihm mit Madeleine ein Kuckucksei ins Nest gelegt? (Cuckoo!) Und hat Madeleine irgendwann von ihrem wahren Vater erfahren, und von Whites Geliebten, und sich dann zusammen mit Oberhauser/Blofeld gegen Mr. White gewandt?

Falls dem so ist, hat man mit der Besetzung von Lea Seydoux und Christoph Waltz den Zuschauer unterbewusst sehr clever auf eine falsche Fährte gelockt, denn man verbindet beide mit INGLOURIOUS BASTERDS, wo Waltz' Charakter ebenfalls bei der Familie von Seydoux' Charakter auftaucht und sich als Bedrohung erweist.

Interessant ist in dem Zusammenhang auch die Folterszene. Oberhauser/Blofeld erklärt Bond, dass er sein Gehirn manipulieren werde, so dass Madeleine für ihn nur eine von vielen Frauen sein wird - also eigentlich genau das, was in fast jedem Bondfilm der Fall ist. Bond kämpft dann unter enormen Schmerzen gegen genau diese Vorstellung an, und ist erleichtert, Madeleine noch erkennen zu können. Er betrachtet es danach also als Gewinn und Glück, dass Madeleine für ihn etwas besonderes ist.

Am Ende von SPECTRE geht der von Madeleine eingepflanzte Gedanke, dass Bond seinen Job auch aufgeben und ein anderes Leben wählen könnte, auf, und Bond folgt seiner vermeintlichen Willensfreiheit. Madeleine betrachtet ihren "Patienten" lächelnd. SPECTRE wäre damit vorerst am Ziel und hätte bei Bond erreicht, womit man in CASINO ROYALE noch gescheitert ist. In Bond 25 wäre er durch Madeleine manipulierbar, ohne es zu wissen.

In der Facebook-Gruppe Real James Bond Fans with Love wurde vor kurzem die sehr reizvolle Theorie geäußert, dass der von Rami Malek verkörperte Gegenspieler Yusef Kabira ist, der "Romeo" von Vesper, der in QUANTUM OF SOLACE von Simon Kassianides verkörpert und am Ende verhaftet wurde. Dass er mit operiertem Gesicht wieder auftaucht, um vermeintlich Rache zu nehmen, in Wirklichkeit aber um Bonds Angst um Madeleine zu verschärfen, würde in diesem Szenario absolut Sinn ergeben. Auch der Handlungsort Tunesien, der durch Matera dargestellt werden soll, würde als Aufenthaltsort von Yusef passen.


So viel zur Spekulation. Sicherlich wird alles ganz anders kommen, und viele Fans werden diese Option wohl auch hassen - nicht zuletzt weil sie an einen bestimmten Roman von John Gardner erinnert. Aber Spekulation ist für mich nun mal auch ein großer Teil der Vorfreude. Und falls man diesen Weg doch überzeugend geht, hätte es für mich auch den Vorteil, dass zahlreiche Schwächen von SPECTRE nachträglich einleuchtender wären.

Landung in den Siebzigern

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                                          "Men are mere mortals who
                                   Are not worth going to your grave for."
                                                                                                 (Diamonds Are Forever, Shirley Bassey)




Bond-Marathon #7: DIAMONDS ARE FOREVER


Diamantenfieber, Moonbuggy und SherryEON, we have a problem! Nach dem Ausstieg von Sean Connery mitten im Franchise-Höhenflug, den etwa um die Hälfte eingebrochenen Einspielergebnissen und den eher verhaltenen Kritiken zu ON HER MAJESTY'S SECRET SERVICE stand die Frage im Raum, ob James Bond in den 1970ern noch zeitgemäß ist. Man reagierte vor allem mit zwei Strategien auf diese partielle Verfinsterung: Zum mit einer deutlichen Fixierung auf den US-Markt. Um ein Haar wäre sogar 007 selbst amerikanisiert worden, mit John Gavin, der bereits einen unterschriebenen Vertrag hatte. Zum anderen mit einer ebenfalls deutlichen selbstironischen Distanzierung.

GOLDFINGER-Regisseur Guy Hamilton sollte 007 wieder in vertraute Sphären steuern.



DIAMONDS ARE FOREVER kulinarisch

Diamantenfieber, SherryDie Briefing-Szene erinnert dementsprechend stark an die von GOLDFINGER, wo M Bond und dem Goldexperten Smithers einen Cognac anbietet, den Bond als nicht gut genug klassifiziert. In DIAMONDS sind Bond und M bei dem Diamantenexperten Sir Donald Munger zu Gast, der ihnen Sherry serviert. Bonds gustatorische Fähigkeiten werden hier auf die Spitze getrieben, wenn er den Jahgang des Weines erkennt, auf dem der Sherry basiert. Beim Solera-Verfahren dürfte das nicht einfach sein, denn hier durchläuft der Sherry mehrere Reihen von Fässern, wobei in der oberen Reihe stets junger Wein nachgefüllt wird. Vielleicht hat 007 ja den absoluten Geschmack, ähnlich dem absoluten Gehör.

Die Endszene weckt dagegen Erinnerungen an FROM RUSSIA WITH LOVE, wo Bond aufgrund der falschen Weinwahl des Gegenspielers skeptisch wird. Er stellt Mr. Wint und Mr. Kidd eine Falle in Bezug des von ihnen angebotenen Château Mouton Rothschild. Dazu servieren die beiden Hobby-Kellner "Oysters Andaluz, shashlik, tidbits, prime rib au jus, Salade Utopia, and for dessert... a bombe surprise".


Im Vorfeld: Auf welche Elemente freue ich mich? Auf welche nicht? 

DIAMONDS ARE FOREVER hat drei Aspekte, die ich sehr gelungen finde. Zum einen das amüsant-sadistische Killerpärchen Mr. Wint und Mr. Kidd (Bruce Glover und Potter Smith), die zu meinen Lieblings-Henchmen gehören. Es gibt sehr kreative Todesfallen, sogenannte 'Snakepit'-Situationen. Dann das von der Biographie des Filmemachers und Erfinders Howard Hughes inspirierte Konzept, dass Blofeld das Imperium eines zurückgezogen lebenden Milliardärs benutzt (mehr zu diesem Thema hier). Und schließlich die Idee eines weltraum-basierten Killersatelliten, die auch in späteren Bondfilmen recycelt wurde. Auch Musik und Produktionsdesign setzen Akzente, sowie ein morbider Humor.

Auf der anderen Seite lauert leider vieles, das hier mittelmäßig bis ungenügend ist. Barbara Broccoli sagt im Dokumentarfilm EVERYTHING OR NOTHINGüber NEVER SAY NEVER AGAIN (Sag niemals nie, 1983), dass die Macher mit diesem Konkurrenz-Bondfilm scheinbar dachten, dass Sean Connery allein für einen guten Bondfilm ausreicht. Das trifft aber für mich wesentlich mehr auf Diamantenfieber zu. Nach der Rekordgage für Connery war hier scheinbar nicht mehr all zu viel für Action und Effekte übrig. 

Vor allem innerhalb der chronologischen Reihenfolge der Bondfilme wirkt DIAMONDS ARE FOREVER wie ein filmischer Stinkefinger gegenüber ON HER MAJESTY'S SECRET SERVICE. Als ob man auf einer Party eine peinliche Szene durch Sarkasmus zu überspielen versucht. Das wirkt auf mich immer etwas unangenehm, zumal der Vorgängerfilm in vielen Aspekten deutlich besser ist.


Bewertungen:

Einführungssequenz / Vortitelsequenz: 5/15

Männer in Kartoffelpüree... Na ja. Für mich eine der weniger gelungenen Pre-titles des Franchises. Immerhin ist man für die Begegnung zwischen Bond und Marie extra an die Cote d'Azur gereist.
Titelmusik: 11/15
Ein ganz guter Titelsong, kühl und sexy. Der zweite Einsatz von Shirley Bassey.
Titelanimation: 11/15
Solide Maurice-Binder-Arbeit.
Symbiose aus Musik und Animation: 11/15


Allow me to intruduce myself...

Einführungsszene von Bond: 8/15
Ganz okay. Ursprünglich war die Szene am Strand etwas ausführlicher. Im Trailer zum Film sieht man hier die Beine von Bond, der den Strand von einem Felsen aus beobachtet.
Einführungsszene des Haupt-Bondgirls: 8/15
Nach den liebevollen Szenen der 1960er weniger beeindruckend.
Einführungsszene des Gegenspielers: 9/15
Erstmals seit FROM RUSSIA WITH LOVE wieder in der Vortitelsequenz, wie auch in den nächsten beiden Guy-Hamilton-Filmen. 
Einführungsszene des Haupt-Henchman: 15/15
Dieser Punkt ist ausnahmsweise über Durchschnitt. Wint und Kidd sind einfach Kult.


Darstellung von James Bond: 8/15

Für viele Fans mag das Blasphemie sein, aber das hier ist für mich eine der weniger attraktiven Auftritte von Bond. Connery ist sich selbst genug. Man ruht sich auf den Lorbeeren seines Namens aus und parodiert die frühen Filme, ohne deren Glanz und Glorie zu erreichen. Sicherlich hat er mit dieser Ironie den Weg für Roger Moore freigemacht, aber es funktioniert für mich einfach nicht so richtig.


Gibt es Szenen, in denen Bond weniger sympathisch erscheint? Teilweise im Umgang mit Frauen. Gar nicht mal das Würgen von Marie, eher die etwas herablassende Art gegenüber Plenty.



Darstellung des Gegenspielers: 10/15

Obwohl dieser Blofeld natürlich schon einen Rückschritt gegenüber dem Vorgänger darstellt, finde ich Charles Gray's Darstellung ganz amüsant, und innerhalb dieses Films auch funktionierend. Scheinbar fand Hamilton die Figur - wie auch das gesamte Franchise zu diesem Zeitpunkt - hoffnungslos anachronistisch, und gab sich gar keine Mühe, hier einen stringenten Charakter darzustellen. War Blofeld im vorigen Film beispielsweise noch aktiv im Labor tätig, hat er hier keinen Schimmer von Wissenschaft.

Henchmen: 15/15

Einer der wenigen unzweifelhaften Höhepunkte des Films. Wint und Kidd sind mit ihrer Hinterlist eine erfrischende Abwechslung von den blonden wortkargen Hünen.
Bondgirl: 5/15
Jill St. John macht mich irgendwie überhaupt nicht an. 
Helfer: 7/15
Diamantenfieber, Blofelds Mini-U-Boot
Blofelds Mini-U-Boot
Norman Burton ist der onkel-hafteste und belangloseste Felix Leiter überhaupt. Man hätte den Mann auch Smith oder Jones nennen können. Willard Whyte ist mit dem Musiker Jimmy Dean etwas markanter besetzt, neigt aber etwas zum Over-acting.
Briefing-Szene: 11/15
Durch die Zwischenschnitte auf Wint und Kidd, die die 'Pipeline' schließen, ganz witzig und unterhaltsam.
Moneypenny-Szene: 9/15
Moneypenny sieht in Uniform recht schnittig aus. Dass sie sich von Bond einen Ring als Mitbringsel wünscht, kann man ihr innerhalb dieses "Drehbuchs" wohl nicht anlasten. Bond leidet ja eh an emotionaler Amnesie.
Q-Szene: 8/15
Auch hier gibt es keine klassische Ausrüstungsszene. Q ist kurz im Labor zu sehen, das in der Fabrik von Aston Martin in Szene gesetzt wurde, und später in einer Casino-Szene. Nett.


Dramaturgische Struktur

Ist das auslösende Ereignis stark und interessant genug? 7/15

Der Film folgt wie viele andere Bondfilme eher einem Schneeball-Prinzip, bei dem sich ein kleiner und scheinbar eher banaler Zwischenfall letztlich zu einer globalen Bedrohung ausweitet. Dass das auslösende Ereignis - der Diamantenschmuggel - nicht spektakulär ist, macht es insofern nicht automatisch schlecht. Aber eben auch nicht sonderlich gut.
Hält der Film durchgehend eine gewisse Grundspannung aufrecht? 9/15
Es gibt durchaus Szenen, die auf Suspense setzen, wie der Ausbruch von Peter Franks oder die Kletterei am Penthouse. Insgesamt steht Spannung aber nicht im Vordergund.
Finale allgemein: 5/15
Erinnert mit einer eher öden und industriell wirkenden Location und überraschungsfreier Pyrotechnik ein bisschen an die spätere Brosnan-Ära.
Gibt es eine Steigerung des Sensationswertes bis hin zum Finale, das alles andere überschattet? 8/15


Endkampf Bond - Henchman: 12/15

Ganz amüsant, wobei ich das Ende von Mr. Wint leicht unangenehm übertrieben finde.
Endkampf Bond - Schurke: 9/15
Bei Blofeld immer schwierig zu beurteilen. Die Idee, das Mini-U-Boot als Abrissbirne zu benutzen, ist nett.
Wirkt die Auflösung nach dem Finale befriedigend? 9/15
Die unerwartete Rache der Henchmen ganz am Ende ist an sich eine sehr schöne und vom Roman übernommene Idee, die Hamilton auch in seinen beiden folgenden Bondfilmen variiert. Etwas getrübt wird das Ganze durch den übertriebenen Tod von Mr. Wint und die dümmliche Anspielung auf einen Heirats-Antrag durch Tiffany.
Ist Bonds ermittlerische Vorgehensweise glaubwürdig und zielführend? 10/15
In der ersten Hälfte durch die übernommene Identität von Peter Franks ganz gut. Danach geht es so. Auf Blofelds Bohrinsel kommt Bond nur, weil Blofeld offenbar ein Modell derselben gebastelt hat.


Allgemein


Bond-Feeling: 11/15
Fleming-Feeling: 8/15
In der ersten Hälfte sogar ein bisschen vorhanden.
Dialoge/Humor: 11/15
Teils sehr pointiert und ironisch - "Die Kinder werden begeistert sein!" Teils aber auch bisschen seltsam und übertrieben macho-haft.
Spannung: 9/15
Logik/Schlüssigkeit der Story: 7/15

Der Ansatz, dass Blofeld das Firmen-Imperium eines Milliardärs unterwandert, ist recht clever und wirkt plausibel. Dadurch muss er nicht wie noch in YOU ONLY LIVE TWICE sein Raumfahrtprogramm von den Spectre-Spesen bestreiten. Die Idee des Lasersatelliten ist an sich auch nicht schlecht, wenn auch so nicht machbar. Mal abgesehen davon, dass Laser eher durch Rubine erzeugt werden.

Produktions-Design: 13/15

Ken Adam ist immer sehenswert. Das Penthouse in Las Vegas ist beispielsweise phantastisch. Man merkt bei Adam vor allem bei den phantastischeren Filmen jedoch immer auch einen Hang dazu, technische Gegebenheiten zu ignorieren. So hat der Laser-Satellit beispielsweise keine erkennbare Energiequelle, und auch das Mondmobil sieht nicht wirklich mondtauglich aus.
Spezialeffekte: 5/15
Teilweise etwas grottig und auf dem Niveau japanischer Monsterfilme. Nur vereinzelt gibt es Höhepunkte, wie das Matte Painting des Whyte House oder der Modell-Hintergrund von Las Vegas bei Bonds Kletterei.
Action/Stunts: 4/15

Gemächlich, behäbig, träge, ... Wie der ganze Film. Sogar die Verfolgungsjagd in DR. NO ist aufregender. Gibt es sowohl im Vorgänger- als auch im Nachfolger-Film halsbrecherische Actionszenen, die den Darstellern einiges abforderten, war Connerys größte Anstrengung hier scheinbar, den Bauch einzuziehen, damit nicht die Knöpfe vom Smoking fliegen.
Selbst den einen "großen" Stunt, den gefühlt schon Buster Keaton aufregender vorführte, verkackt die Crew mit einem der hirnrissigsten Filmfehler der Filmgeschichte. 
Bildgestaltung: 7/15



Locations

Drehorte: 13/15
Lokalkolorit: 13/15
Kombination: 12/15

Bruce Glover und Potter Smith as Mr. Wint und Mr. Kidd
Bruce Glover und Potter Smith in Amsterdam
(niederländisches Nationaal Archief)

Selbst die schwächeren Filme der 60er und 70er können auf diesem Gebiet souverän punkten. Amsterdam ist schön eingefangen, auch die location-technisch immer etwas abgenutzten Staaten. Vor allem natürlich Las Vegas und einige reale Orte, wie das Beerdigungs-Institut oder das Elrod House, das Adam nicht phantastischer hätte entwerfen können. 

Musik

Titelsong: 11/15
Allgemein: 12/15


Auch hier ist der Film solide. John Barrys Musik enthält einige Highlights, etwa wenn Bond zum Versteck von Willard Whyte geht. Die dramatische Untermalung der Krematoriumsszene mit Chor - Slumber, Inc. - ist eines meiner Lieblingstracks im gesamten Franchise. Das Theme für Wint und Kidd ist ebenfalls sehr schön. Was waren das noch für Zeiten, als Henchmen eigene Themen bekamen...


Fazit - Gewonnen oder verloren?

Die Landung im neuen Jahrzehnt ist dem Film insofern geglückt, dass man die ironischere Tonalität fand, die man bis MOONRAKER beibehalten sollte. Die 70er begannen sozusagen mit einem augenzwinkernden Griff nach dem Mond und endete auch damit. Erst Anfang der 1980er besann man sich dann wieder auf die ursprünglichen Qualitäten.


Dass man sich für einen eigenständigen Film entschieden hat, der den Vorgänger nicht nur ignoriert, sondern sich teilweise auch über ihn lustig macht, ist wohl der damaligen Zeit geschuldet. Auch wenn man dadurch ein enormes Story-Potential verschenkt hat.

Insgesamt ist es für mich die erste große Ernüchterung, der erste deutliche Qualitäts-Absturz innerhalb der Reihe. Gefühlt eine etwas bessere Vier. Einige wirklich gelungene Highlights lassen den Film aber im Ergebnis ganze zwei Noten nach oben rutschen, mit einer knappen Zwei minus. Insofern hat der Film doch um einiges gewonnen.

Gefühlt: 6/15
Errechnet: 9,62/15

Alsozwischen 65 und 70 % und eine aufgerundete 2-: Die Leistungen entsprechen den Anforderungen im Allgemeinen bis voll.



James Bond will return in


LIVE AND LET DIE

Hochleben lassen

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                                          "When you got a job to do you got to do it well,
                                                You got to give the other fella hell."
                                                                                                                                     (Live and let die, Paul McCartney & Wings)
 

Bond-Marathon #8: LIVE AND LET DIE (1973)


Immer wieder einmal gibt es Bondfilme, die stärker als andere in die Populärkultur einfließen und jugendliche Zuschauer eindringlicher prägten. LIVEAND LET DIE ist einer davon. Sowohl für Daniel Craig als auch Regisseur Sam Mendes war es beispielsweise der erste Bond im Kino, was man in der Vortitelsequenz von SPECTRE deutlich spürt. Aber auch in der Kommodo-Waran-Szene in SKYFALL.

Der Film hat nicht nur einen zum Meme gewordenen Titel - der ein berühmtes Zitat aus Schillers Wallensteins Lager variiert - und einen grandiosen Titelsong dazu, sondern auch eine einzigartige Atmosphäre und zahlreiche ikonische Einfälle, Stunts und Figuren.





LIVE AND LET DIE kulinarisch

"Two Sazeracs! Where is your sense of adventure, James? This is New Orleans, relax!"

LIVEAND LET DIE ist mal wieder einer der Bondfilme, die jenseits von Champagner, Wodka Martini oder Bourbon auf die lukullischen Besonderheiten der jeweiligen Handlungs-Orte eingehen. Hier in Form des Sazerac, seit 2008 der offizielle Cocktail von New Orleans. Schön ist, dass Bond hier von Felix Leiter selbst daran erinnert wird, auf diesem Gebiet etwas offener zu sein. Doch in den Genuss des Drinks lässt ihn Mr. Big trotzdem nicht kommen.

Der Sazerac geht zurück bis in die Mitte des 19. Jahrhunderts. Ursprünglich wurde er mit aus Frankreich importierten Cognac zubereitet. Nachdem Rebläuse zahlreiche Weinernten in Frankreich reduziert hatten, verwendete man stattdessen Roggen-Whiskey. Unverzichtbar ist dagegen Peychaud's Bitter, benannt nach dem in New Orleans ansässigen Apotheker Antoine Peychaud. Aus der kleinen Bar, in der der Drink kreiert wurde, wurde die Sazerac Company, die heute noch den Sazerac Rye Whiskey herstellt. Die Variante mit Cognac ist allerdings die etwas weniger aufwändigere, und tröstlicherweise noch dazu die ursprünglichere. Hinzu kommen Absinth, ein Zuckerwürfel sowie eine Zitronenzeste. Hier das Rezept.


Im Vorfeld: Auf welche Elemente freue ich mich? Auf welche nicht? 

Der Film hat wie schon erwähnt zahlreiche attraktive Elemente, die ich immer wieder gern sehe. Im Marathon war es einer der Filme, auf die ich mich besonders gefreut habe.


Bewertungen:

Einführungssequenz / Vortitelsequenz11/15

Eine Vortitelsequenz, in der James Bond selbst gar nicht vorkommt, ist heute gar nicht mehr denkbar. Umso erstaunlicher ist, wie gut das hier doch funktioniert - und dabei die Spannung für seinen späten Auftritt aufbaut. Die Sequenz liefert nebenbei gleich einen geographischen und dramaturgischen Wegweiser für den nachfolgenden Film. Sie führt von der 'Hauptstadt der freien Welt' New York über das ländliche New Orleans bis tief in das fiktive Karibikreich von San Monique. 
Ähnlich wie im nachfolgenden THE MAN WITH THE GOLDEN GUN wird der Zuschauer in wenigen Minuten vom sonnigen Alltag in immer dunklere Abgründe geführt, mit einer schaurig-schönen Vorschau auf die dunklen Mächte, mit denen er es zu tun bekommen wird. In dieser Etablierung des Antagonisten funktioniert die Sequenz gut, auch wenn Bond selbst nicht vorkommt.

Titelmusik15/15
Was für ein Song! Paul McCartney liefert etwas völlig anderes als all die Bassey-Epigonen, und trotzdem einen der bondigsten Songs der Franchise-Geschichte. Dafür erhielt er zu Recht eine Oscar-Nominierung, und Platz 2 der Billboard 200. Anfang der 1990er machten Gun's Roses den Song noch einmal populär und erreichten Platz 5 der UK-Charts.
Titelanimation13/15
Gute Maurice-Binder-Arbeit, die mit den brennenden Totenköpfen eine eigene Ikonographie entwickelt.
Symbiose aus Musik und Animation13/15
Das Visuelle harmoniert gut mit dem etwas schnelleren Tempo des Liedes.


Allow me to intruduce myself...

Einführungsszene von Bond: 12/15
Rogers erster Auftritt entspricht seinem britischen Understatement und ist in der Form einmalig im Franchise. Man sieht ihn einfach in seiner Wohnung aufwachen, als wäre er schon immer Bond gewesen. Der Blick auf eine damals noch futuristische Digital-Uhr von Pulsar und eine sehr komplexe Kaffemaschine machen klar, dass dieser Bond technik-affiner ist als sein Vorgänger. Und im Vergleich zu entsprechenden Szenen in DR. NO und SPECTRE scheint er in seiner Wohnung auch wirklich zuhause zu sein. Unspektakulär, aber nicht schlecht.
Einführungsszene des Haupt-Bondgirls12/15
Eine dreigeteilte Einführung. Man sieht Solitaire bereits kurz in der Vortitelsequenz, kann sie aber noch nicht zuordnen. Dann sieht man ihre 'Superkraft' und hört ihre Stimme. Und schließlich sieht man sie in einer eindrucksvollen Maske und Kostümierung, erhält aber auch einen Blick auf die Frau hinter dieser Maske.
Einführungsszene des Gegenspielers10/15
Wie in einem Gegen-Entwurf zu DR. NO oder YOU ONLY LIVE TWICE sieht man hier gleich am Anfang den großen Drahtzieher. Eine Entzauberung, die man später schwer wieder verzaubern kann.
Wenn man den ersten Auftritt von Mr. Big als Einführungsszene sieht, dann ist diese doch ziemlich gut. "Names is for tombstones, baby", "Waste him!", Sätze für die Ewigkeit 

Einführungsszene des Haupt-Henchman10/15


Darstellung von James Bond13/15

Roger Moore ist der einzige Bond-Darsteller bis dato, der keinen Screentest absolvieren musste. Weniger aufgeregt als andere Darsteller war er deshalb wohl nicht unbedingt. Nach dem von der Presse eher zerrissenen Einsatz von George Lazenby sicher eher im Gegenteil. Trotzdem merkt man ihm das weniger an als manch anderem. 
Moore wirkt hier zum einen glaubhaft als Bond, der schon sehr erfahren ist, kann aber trotzdem teils juvenilen Charme versprühen. Er kommt cool und 'sophisticated' rüber, aber dabei trotzdem nie arrogant oder herablassend. Ein darstellerischer Spagat, der zu Recht mit über einem Jahrzehnt Zuschauersympathien belohnt wurde.
Ich muss aber auch gestehen, dass Roger Moore mir als Darsteller erst dann so richtig ans Herz gewachsen ist, als ich ihn dank DVD und Bluray im englischen Original erleben konnte. Seine Original-Stimme wirkt durch die tiefere Tonlage und das theater-erfahrene British English männlicher und cooler. Obwohl ich seine deutsche Stimme Niels Clausnitzer sehr mag, geht für mich im Deutschen eine Dimension von Moores Bond verloren. Vor allem in Szenen wie das erste Treffen mit Solitaire.

Gibt es Szenen, in denen Bond weniger sympathisch erscheint? Nein.


Darstellung des Gegenspielers: 10/15

Schwierig. Auf der einen Seite wirkt Yaphet Kotto etwas zu profan als Mastermind einer kontinentalen Verschwörung und auch als patriachalischer Unterdrücker von Solitaire. Andererseits hat er auch gute Szenen. Wie das Verhör von Bond. Im Prinzip bildet er den rationalen Gegenpart zu seiner eigenen theatralischen Show. Er spielt nicht in der Liga der großen Bondgegenspieler, aber ich sehe ihn ganz gern.

Henchmen: 13/15

Screenshot of Live and Let Die 1973. Picture is copyrighted
owned by MGM 
in 1973 but released for the fair use and
promotion in the media
Mit Tee Hee, Baron Samedi oder Whisper gibt es hier einige markante Unterschurken.
Bondgirl: 13/15
Manchmal wirkt Solitaire eine Spur zu naiv und unterwürfig, insgesamt stellt sie in dem ironisch-übertriebenen Spektakel zusammen mit Yaphet Kotto aber auch einen erfrischenden, ernsthaften Gegenpol dar. In den drei Hamilton-Filmen der Siebziger ragt sie schauspielerisch und charakter-technisch sehr positiv heraus, und Jane Seymour konnte auch danach eine beachtliche Karriere aufbauen.   
Helfer: 12/15
Endlich wieder ein Felix Leiter, der diesen Namen verdient. Auch wenn man ihn nicht so oft mit Bond zusammen sieht. David Hedison ist einer der besten Darsteller in der Rolle und durfte später noch einmal zurückkehren.
Briefing-Szene: 13/15
Mal etwas anderes. Ich mag es, wenn das typische Briefing mal etwas variiert wird.
Moneypenny-Szene: 13/15
Man merkt hier gleich die besondere Chemie zwischen Roger Moore und Lois Maxwell. Sie wirken von Anfang an wie gute Freunde, und das manchmal etwas übertriebene Schmachten ist zum Glück erstmal vorbei.
Q-Szene: keine Wertung, da nicht vorhanden.


Dramaturgische Struktur

Ist das auslösende Ereignis stark und interessant genug? 12/15

Die gesamte Vortitelsequenz widmet sich dem Auslöser. Obwohl es eigentlich "nur" drei getötete Agenten sind, ist es sehr schön und spannend inszeniert. 
Hält der Film durchgehend eine gewisse Grundspannung aufrecht? 12/15
Durch das von Anfang an gezeigte fast lückenlose Netzwerk von Mr. Big wird eine durchgehende Spannung erzeugt.
Finale allgemein: 11/15
Amüsant und stimmig, auch wenn der Teil in der Höhle nicht so innovativ ist. Dafür ist es ironisch und macht Spaß. Ich liebe es, wenn einer der Sicherheitsleute "Trouble!" ruft, als er Bond sieht.
Gibt es eine Steigerung des Sensationswertes bis hin zum Finale, das alles andere überschattet? 11/15


Endkampf Bond - Henchman: 13/15

Gründsätzlich setzte mit den Siebzigern ein gewisses Recyceln früherer Elemente ein, das es in den Sechzigern nicht gab. Die Rache der Unterschurken aus DIAMONDS ARE FOREVER wurde hier und noch einmal in THE MAN WITH THE GOLDEN GUN variiert. GUN variierte dann auch Elemente aus der Bootsjagd, während später MOONRAKER wiederum den Gag mit dem zerteilten Boot aus GUN wiederholte. 
Davon abgesehen ist der Kampf  - der ebenfalls in THE SPY WHO LOVED MEähnlich wieder auftaucht - sehr schön und macht Spaß.
Endkampf Bond - Schurke: 10/15
Obwohl Kotto 12 Jahre jünger ist als Moore, wirkt er physisch kaum bedrohlich in dem Schlusskampf. Sein Ende erinnert dann auch etwas an Tom und Jerry.
Wirkt die Auflösung nach dem Finale befriedigend? 13/15
Durch den Kampf mit Tee Hee und dem lachenden Baron Samedi auf der Lok sehr schön.
Ist Bonds ermittlerische Vorgehensweise glaubwürdig und zielführend? 11/15
Bond setzt hier sehr auf Provokation und Konfrontation, aber durchaus wirkungsvoll. "Some kind of doomsday machine", wie Sheriff Pepper bemerkt.


Allgemein


Bond-Feeling: 14/15
Fleming-Feeling: 11/15
Der Film modernisiert zahlreiche Elemente des Romans, bleibt aber doch erstaunlich nahe an dessen Atmosphäre. Wobei man ihn natürlich stark entschärft hat, und Felix Leiters Verstümmelung mit dem gleichen Darsteller erst 16 Jahre später realisierte.
Dialoge/Humor: 14/15
Spannung: 12/15
Logik/Schlüssigkeit der Story: 11/15

Mr. Bigs Plan ist eher geerdet. Trotzdem gibt es natürlich auch einige Unstimmigkeiten. Die Ermordung der Agenten am Anfang wirkt beispielsweise wie eine Einladung an den MI6. Man fragt sich bei den Bondfilmen oft, wieso die Schurken feindliche Agenten nicht etwas eleganter und unauffälliger beseitigen. Über das übersinnliche Element kann man sich auch streiten. Für Hardcore-Naturalisten wirkt das sicherlich eher unstimmig.

Produktions-Design: 12/15

Sehr schön Siebziger-Jahre-mäßig.
Spezialeffekte: 10/15
Da kommt vor allem der Schluss-Effekt in den Sinn, der durch die unscharfe und körnige Aufnahme unstimmig wirkt. 
Action/Stunts: 15/15
Hammer! Der Lauf über die Krokodile ist ein genialer, todesmutiger Stunt. Grandios auch die Bootsjagd.
Bildgestaltung: 11/15



Locations

Drehorte: 14/15

Screenshot of Live and Let Die 1973. Picture is copyrighted owned by MGM
in 1973 but released for the fair use and promotion in the media
New York und New Orleans sind ikonisch. Auch die Locations der Bootsjagd in Lousiana.
Lokalkolorit: 14/15

Man sieht hier auch einige weniger schmucke Ecken von New York, die es in den Siebzigern noch gab. Die Atmosphäre in Harlem, auf Jamaika und in Lousiana ist ebenfalls sehr schön eingefangen.
Kombination: 14/15

Die Drehorte werden bereits durch die Vortitelsequenz thematisch geschickt verknüpft.



Musik

Titelsong: 15/15

Einer der Besten ever. Immer wieder auch mal auf meinem Platz Nr. 1. Ein gewagter Tempowechsel und interessante Lyrics heben ihn von vielen anderen Liedern ab. Songs wie dieser führten dazu, dass ich durch das Anhören einer Bondsong-Compilation zum echten Fan wurde.

Allgemein: 15/15

Zum ersten Mal seit DR. NO ist nicht John Barry für die Musik verantwortlich, und es ist einer der wenigen Soundtracks, die ich nicht gegen einen von Barry eintauschen würde. George Martins Musik ist wunderbar groovy, passt zum Amerika der frühen Siebziger und webt auch perfekt den Titelsong ein.
Wie George Martin die Musik bei der Bootsjagd erst spät einsetzen lässt, dafür um so wirkungsvoller, liebe ich einfach! Ebenso das  kurze Zitieren des Hochzeitsmarsches. Ein wunderbarer Score!


Fazit - Gewonnen oder verloren?


Gefühlt zwischen einer 2+ und einer 1-. Der Film macht immer wieder enorm Spaß, aber für die Logenplätze fehlt noch etwas. Rechnerisch nähert er sich der 1-, hat insofern ein wenig gewonnen.

Die Atmosphäre der frühen Siebziger vor allem in New York mag ich enorm, auch in vielen anderen Filmen dieser Zeit. Wenn ich als Wertungspunkt noch Autos allgemein hätte, würde LIVE AND LET DIE hier glatte 15 Punkte bekommen. Ich liebe diese ellenlangen Amischlitten, die in heutigen Zeiten wie Dinosaurier wirken. Es ist insofern vielleicht der typischste Bondfilm der Seventies.

Über die Darstellung der Schwarzen kann man aus heutiger Sicht natürlich trefflich streiten. Das Augenrollen von Samedi-Darsteller Geoffrey Holder kann man beispielsweise als Rückfall in schlimme Stummfilmzeiten sehen, aber auch als ironische Parodie derselben. Auch Sheriff Pepper  wurde als Seitenhieb auf rassistische Südstaaten-Sheriffs angelegt, auch wenn er dafür sicher zu harmlos wirkt.

Insgesamt ist es einer der Klassiker, die es schaffen, sowohl ein jugendliches als auch ein erwachsenes Publikum ausgezeichnet zu unterhalten.


Gefühlt: 12/15
Errechnet: 12,72/15

Also bis 85 % und eine 1-: Die Leistungen entsprechen den Anforderungen in besonderem Maße.



James Bond will return in


THE MAN WITH THE GOLDEN GUN



Bond-25-News morgen!

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Morgen um 14:10 Uhr werden in einer Live-Übertragung vom Drehort in Jamaika offizielle Informationen zum neuen James-Bond-Film bekanntgegeben, vor allem die Besetzung, eventuell auch Synopsis und Titel. Nach der Bekanntgabe stehen die Schauspieler sowie Regisseur und Produzenten für Fragen von Zuschauern zur Verfügung.

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